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Monatsarchiv für Oktober 2007

Blondinen für Greenpeace

Foto: Anne Grieger

Winter ist Spendenzeit und Nichtregierungsorganisationen werben bereits jetzt verstärkt für ihre Arbeit. Vor der U-Bahn-Station Warschauer Straße hat Aktion Tier einen Stand aufgebaut. Ob es sich wirklich um Mitglieder der Tierschutzorganisation handelt, ist allerdings fraglich.

“Mit Tieren können die nicht viel anfangen”, sagt ein Punk, der die Leute in den grünen Windjacken schon seit längerer Zeit beobachtet. Einmal hat er sie um Geld für Hundefutter angeschnorrt und dabei “fast Schläge kassiert”. Auch seien die vermeintlichen Tierfreunde Stammkunden eines mobilen Wurstverkäufers gewesen, dem es nun zu kalt geworden ist.

Ob Aktion Tier, die Malteser oder auch Greenpeace – überall trifft man auf Spendeneintreiber und Promotion-Teams. Wenn vor Karstadt am Hermannplatz abwechselnd ein Fitness-Studio und Greenpeace um neue Mitglieder werben, wirkt das schon abstrus. Wasserstoffblondinen, die mit bunten Faltblättern wedeln – für den Umweltschutz. Welcher ökologisch orientierte Berliner fällt schon auf so etwas rein?

Ich habe es inzwischen aufgegeben, mich über die Leute hinter den Ständen zu ärgern. Undankbarer Job, da in der Kälte stehen zu müssen, wenn auch besser, als keine Beschäftigung.

Wahrscheinlich habe ich sogar Mitleid.

Kämpfen Aktivbürger so gegen Hundehaufen?

Militante Hundehasser machen mobil: In Friedrichshain kleben an vielen Straßenschildern und Laternen schockierende Sticker: Ein Männchen mit Pistole setzt seine Waffe auf einen Hund an, der gerade einen Haufen vor seine Füße setzt. “Die Zeit ist reif’”, steht darunter. Wer hat diese brutale Kampagne gestartet und greifen hier frustrierte Mitbürger wirklich zur Selbstjustiz?

“Die Hundekacke muss bleiben, damit Yuppies gleich bei ihrer Suche nach Dachgeschosswohnungen hineintreten und sich dann einen anderen Bezirk suchen”, meint ein kiezbekannter Punk. Auch gegen Touristenschwärme auf der Suche nach Szene-Cafés und Streetart-Ecken seien die Haufen noch eine Barriere. Die werden es also nicht gewesen sein. Dann also verärgerte Eltern, die es satt haben, ihre Kinder um Tretminen herumzulotsen? Doch gerade junge Familien haben in Bürgerinitiativen in den letzten Jahren mit anderen Mitteln einiges erreicht: Selbst in Friedrichshain können Hunde nicht mehr überall frei herumlaufen. So etwa am Boxhagener- und Forckenbeckplatz, die mit viel Aufwand umgestaltet wurden.

Außen vor bleiben bei dieser Art des Protests die Hundehalter. Jene nachlässigen Herrchen und Frauchen, die ihre Tiere den ganzen Tag lang in der Wohnung einsperren, um dann mit ihrem Rex eine Runde um den Block zu drehen – damit er sein Geschäft auf dem Bürgersteig verrichtet.

Tatort-Abend im Graefe-Kiez

Nina S. hat ihren Fernseher verschenkt, aber Tatort muss sein. Tatort-Abend ist sonntags und Gleichgesinnte gibt es in Kreuzberg viele. Im Mathilda in der Graefestraße zum Beispiel.

Mehr als 30 Leute drängen sich in den kleinen fensterlosen Hinterraum der Kneipe, bereits um halb acht ist das Zimmer bis auf den letzten Platz gefüllt. Zuspätkommer haben das Nachsehen. Ob der Krimi noch woanders gezeigt werde, will ein Typ wissen, der keinen Platz mehr ergattert hat. Es wird geraucht, wie in fast allen Kreuzberger Kneipen, für das demonstrative Gehuste erkälteter Passivraucher hat man nur ein müdes Lächeln übrig.

Gelacht wird gemeinsam. Der Tatort – diesmal mit Axel Prahl aus Münster – spielt im Burschenschaftsmilieu, das den meisten Anwesenden wahrscheinlich so fremd ist, wie den Westfalen Wohnungen mit Ofenheizungen.

Tatort-Abende sind längst kein Berliner Phänomen mehr, auch in anderen Städten versuchen Wirte, an den Erfolg der Public Viewing Areas der Fußball-Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr anzuknüpfen. Könnte gelingen, da der “neue Tatort” auch Überschneidungen mit anderen Formaten aufweist und durchaus komische Elemente beinhaltet.

Wenn Gerichtsmediziner Boerner mit einem Totenschädel herumspielt und dazu noch Hamlet-like über “Sein oder Nichtsein” philosophiert, amüsieren sich auch Englischlehrer prächtig, die eigentlich erst zur Sendung von Anne Will einschalten wollten.

Vielleicht auch bald in Gesellschaft, und nicht bloß vor dem heimischen Fernseher…

Licht und Schatten liegen nah beeinander

Berliner Dom während des Festivals of Lights - Foto: Henning Onken

Das Hotel Adlon, der Dom, das Kranzler-Eck: Wer in den letzten zwei Wochen abends durch die Stadt lief, konnte 40 bekannte Berliner Bauwerke strahlen sehen – durch Lichtdesign. Während der Langen Nacht des Shoppings am letzten Samstag konnten konsumfreudige Berliner zumindest in Teilen der Stadt “in der traumhaften Illuminierung” bis Mitternacht einkaufen. Heute endete das Festival of Lights mit einem großen Feuerwerk am Dom.

Schade eigentlich, dass bei all dem Licht an den Fassaden des Schlossplatz-Ensembles der Palast der Republik, oder was davon noch übrig ist, im Schatten blieb. Es ist leider auch niemand auf die Idee gekommen, die Ringkolonnaden in Marzahn kunstvoll anzuleuchten, die auch gegen den Willen von Anwohnern abgerissen werden sollen. Wie wäre es mit dem Sozialpalast in Schöneberg? “Berlin muss noch heller werden”, erzählte der Gründer des Festivals, Andreas Boehlke, der taz. Aber eben nicht überall. Wo viel Licht ist, fällt auch viel Schatten.

Bilder des Festivals of Lights

Künstler-Kita: Zusammen malen bis zum Abriss

Was lässt sich tun gegen Leerstand in Berlin? Von Anwohnern fast vergessen, rottete bis vor kurzem eine Plattenbau-Kindertagesstätte am Bersarinplatz in Friedrichshain vor sich hin. Im letzten Jahr versuchten einige Hausbesetzer, den dreigeschössigen Bau als Kulturzentrum zu nutzen, doch die Polizei setzte der Aktion schnell ein Ende.

Im Juni 2007 zogen 32 Künstler in die Kita und dürfen diese in Absprache mit dem Besitzer bis zum Abriss im nächsten Jahr nutzen. Bis dahin richten sie dort Ateliers ein, musizieren gemeinsam, malen und feiern Partys. Traurig über das nahende Ende des Projekts und den Verlust ihrer Räume sind sie nicht.

Das Temporäre sei Teil des Konzepts der Künstler-Kita, meint etwa Julian Ronnefeldt, der Gründer des Projekts. Wenn an gleicher Stelle im nächsten Jahr Loftwohnungen gebaut werden, werden er und seine Künstler-Kollegen mit etwas Glück schon woanders arbeiten können: Es gibt in Berlin noch viele baufällige Gebäude, um die sich niemand kümmert, darunter auch so manche Plattenbau-Kita…

Mehr Infos unter: www.k-ita.de

“Call me Dustin” oder die Zukunft Marzahns

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Jean Jolina, Dustin-Anthony und Gabor Kilian – willkommen in Hellersdorf, ihr Süßen! Neugeborene im Oktober, gefunden in der Stadtteilzeitung Die Hellersdorfer. Ein Querschnitt des Geburtsjahrgangs 2007 in Berlin, oder symptomatisch für einen Bezirk, den tausende junger Menschen verlassen?

Namen wie “Christian” und “Anna” sind von vorgestern, der Wunsch, sich von anderen abzuheben, weit verbreitet. Der Geschmack für Vornamen sei “sozial imprägniert”, zitiert die Zeit den Berliner Kultursoziologen Jürgen Gerhards, der Geburtsregister von 1894 bis 1998 untersucht, und Namen und Berufe der Eltern verglichen hatte.

Samantha oder Paula als Juniorprofessorin?

Ein Blick in Lokalblättchen aus Charlottenburg oder Prenzlauer Berg wäre daher aufschlussreich gewesen. Akademiker, die bevorzugt in diesen Stadtteile wohnen, wählen andere Namen, auch wieder zunehmend christliche. Kinder heißen dort Antonia, Franziska, Friedrich und Julius. Nur findet sich nirgends eine solche Anzeige.

Wahrscheinlich haben sich die (jungen) Eltern in den innerstädtischen Bezirken händeringend gegen die Annonce der Vivantes Kliniken gewehrt. Zu “prollig”?

Neue Kommentare

  • Thomas Feirer: echt coole Bilder …
  • Anonymous: achso hier meine email adresse zero88-denis@web.de
  • Anonymous: echt bei dir geht das noch? zu silvester wollen paar leute und ich schön gemütlich auf ein dach feiern ist...
  • Aileen: Ich hab mal ne frage: wo genau ist der Markt und hat der auch sonntags auf? lg
  • Ilse Fuehrhoff: Es gibt in Berlin tatsächlich noch sehr viele, eigentlich ungeahnt viele Hausfassaden oder auch...

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