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Archiv für das 'Mitte'-tag

Schlossplatz-Ikea: Billy wäre die Mehrheit sicher

Endlich Schluss mit dem Gerede vom Schlossbau! Nun, wo das Geld alle ist, wird der Platz zu einem blau-gelben Besuchermagneten. Schaut her, das Schild am Baugrund auf der Wiese steht schon: Noch 87 Tage bis zur Eröffnung der ersten deutschen Innenstadt-Filiale von Ikea. Bislang ist das nur der (Alp-)Traum der Ideen-Initiative zukunft-schlossplatz.de, die offenbar diese Fotomontage an eine Werbefläche in der Niederkirchnerstraße unweit des Abgeordnetenhauses geklebt hat.

Dabei hätte ein Volksbegehren Pro-Ikea bessere Chancen als die Rohrkrepierer Pro Tempelhof und Pro Reli. Im schmucken Hamburg plant Ikea eine Filiale in Altona. Zuerst haben Gegner frei nach Quentin Tarantino “Kill Billy!” gerufen, nun aber signalisiert ein Bürgerbegehren Zustimmung.

Die Deutschen sind ein Volk von begeisterten Selbstschraubern, was sollten sie an diesem zentralen Platz gegen ein Möbelhaus haben? Genügend Raum für einen Parkplatz ist auch vorhanden, und der Luftschloss-Architekt Franco Stella ließe sich vielleicht mit der Idee versöhnen, diese Fläche zu gestalten. Mit einer Hohenzollern-Resterampe für angemackte Billy-Regale etwa, am Rande des neuen Ikea-Ensembles.

Aber mal im Ernst: So langsam frage ich mich, warum man den Palast der Republik abgerissen hat. Das Gebäude bot zuletzt eine eindrucksvolle Kulisse für bemerkenswerte Ausstellungen. Viereinhalb Jahre nach dem Beginn des Abrisses heißt es: Kein Geld, keine Ahnung wie es weiter gehen soll und eine grüne Wiese.

P.S.: Liebe Photoshop-Grafiker Berlins, zeigt was ihr könnt und entwerft Eure Ideen für den Schlossplatz: Ein Feuchtbiotop? Ein Drive-In? Schlecker XXL?

Fotos vom Berliner Schlossplatz

So kämpft man in Moabit gegen Hundehaufen

Ansprühen, Schild dran und auf das schlechte Gewissen warten. So lässt sich eine Aktion der Nachbarschaftsinitiative Elberfelder Kiez rund um die Elberfelder Straße in Moabit zusammenfassen, von der mir Mitorganisator Torsten Schmidt dieses Foto geschickt hat.

Er und seine Mitstreiter hätten Hundehaufen mit Farbe angesprüht und ein Schild mit der Aufschrift “Haste mal ‘ne Tüte” hinterlassen, berichtet Schmidt. Zwei Tage nach der Aktion seien immerhin zwei farbige Haufen weggeräumt worden, freut er sich. Die Schilder waren noch da. “Wir wollten etwas unternehmen, das eine Portion Unernst beinhaltet, nicht nach dem Bezirksamt und Bestrafung ruft und trotzdem eine klare Appellfunktion hat”, kommentiert der Aktivist seinen Einsatz.

Von einer weiteren, unappetitlichen und gemeinen Methode berichtete mir ein Bekannter. Man könne die Hundehaufen mit Kakaopulver überstreuen, worauf die Verursacher sie auffressen würden -  noch bevor sie ihre Halter davon abbringen können. Das dürfte auch jenen Hundehaltern das Gassi-Gehen versauen, die ihren Dreck gewissenhaft eintüten.

20.000 Meilen unter der Mitte Berlins

“Wo ist Käpt’n Nemo?” stand lange Zeit an der Fassade des Tacheles in der Oranienburger Straße. Jules Vernes’ Romanfigur Nemo brach mit der Welt und zog sich auf ein geheimnisvolles Unterseeboot zurück. In den vergangenen 20 Jahren war das Kunsthaus Tacheles ein Ort, an dem anarchisch und bunt geträumt wurde. In Bildern, Skulpturen, auf Ausstellungen und Partys. Jetzt werden die Künstler schmerzlich daran erinnert, dass ihre Ateliers eben doch nicht 20.000 Meilen unter dem Meer verortet sind, sondern mitten in Berlin. Umgeben von Hotels, Bürobauten und Geschäften. Jeder Quadratmeter hat seine Währung.

Die Zwangsversteigerung der alten Kaufhausruine betreibt ausgerechnet die HSH Nordbank, eine Bank, die von Steuerzahlern mit Milliarden Euro vor dem Zusammenbruch gerettet wurde. Der Trägerverein, der anstatt 50 Cent Jahresmiete rückwirkend mehr als 100.000 Euro zahlen soll, ist nun pleite.

Das Tacheles ist einer der wenigen Orte in Mitte, die Menschen noch staunen lässt, wenn sie zum ersten Mal in diese Gegend kommen. Staunen darüber, dass so etwas heute noch existiert. Denn was da unter den Hammer kommt, ist auch einer der letzten Reste des Berlins der 1990er Jahre. Ein Fleck, der Mitte interessant macht, finde ich.

Was denkt ihr darüber? Stimmt ab oder schreibt einen Kommentar unter diesen Artikel!

Fotos vom Tacheles
Artikelfoto von Christian Hetey

Soll das Tacheles bleiben?

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Berlin brutal #16: Der Motz-Verkäufer als Konkurrent

“Interesse an der Obdachlosenzeitung Strassenfeger, ein bisschen Kleingeld vielleicht?” Durch den Zigarettendunst der frierenden Raucher vor dem Hauptbahnhof läuft Hannes* von Passant zu Passant. Viele schütteln schon den Kopf, lächeln verlegen oder schauen schnell weg, wenn sie den Mann mit dem Irokesenschnitt nur sehen. Es gibt zu viele Menschen, die etwas verkaufen wollen auf dem Bahnhofsvorplatz: Zeitungen, Fahrscheine, Stadtrundfahrten.

Eine Raucherin erbarmt sich und nimmt Hannes einen Strassenfeger ab. Sie fragt, warum er seine Zeitung nicht lieber im warmen Bahnhofsgebäude anbiete. “Weil Sie nicht der deutschen Norm entsprechen, was das Aussehen betrifft?” Drinnen verkaufen sei verboten, sagt Hannes, das gelte für alle.

Also steht er in seiner Nietenlederjacke vor der Glastür. Der 23-jährige erntet skeptische Blicke und bedankt sich trotzdem. Er braucht jeden Cent. Für Essen, Tabletten und Alkohol. Sechs Jahre hat Hannes Heroin gespritzt. Jetzt ist er auf Methadon und kriegt Hartz IV. Und ist noch immer tablettensüchtig.

Raben flattern in den milchigen Nachmittagshimmel, die Luft ist feucht, es hat geregnet. Hannes rundes Gesicht mit den vielen Piercings ist vor Kälte rot angelaufen. Er will einen Kaffee. Den kauft er gleich am Eingang, er versenkt neun Päckchen Zucker in den Pappbecher. Er braucht Energie, sein Stammplatz mit Blick aufs Kanzleramt muss verteidigt werden – gegen die Konkurrenz. “Der Bärtige da, den kann ich überhaupt nicht leiden und er mich auch nicht. Wenn ich manchmal nach ein bisschen Kleingeld frage, kriegt der so einen Hals”, sagt Hannes.

Mit dem Bärtigen führt er einen Kleinkrieg. Der Mann ist Mitte 50, trägt einem blauem Stoffanorak und eine Aktentasche. Er stellt sich Reisenden einfach in den Weg und wedelt mit dem Konkurrenzblatt Motz. Das preist er als “Arbeitslosenzeitung” -  das ärgert Hannes besonders. Es sei eine Obdachlosenzeitung und keine Arbeitslosenzeitung, sagt Hannes.

Dabei hat er eine Wohnung in Wedding, wo er gemeinsam mit seiner Freundin, einem Hund und zwei Katzen lebt. Bald will er eine Therapie in einer stationären Einrichtung beginnen. Doch bis die bewilligt sei, müsse er vor dem Bahnhof stehen mit seinen Strassenfeger-Heften: Er möchte Geld zur Seite legen, zwölf Zeitungen pro Tag zu verkaufen, das ist sein Ziel.

Nach zwei Stunden ist Hannes vier Zeitungen losgeworden. Regen platscht auf das Bahnhofsvordach, Hannes Finger sind inzwischen steif vor Kälte. Er kann das Kleingeld kaum zählen. 18 Euro sind es. Die wird er in der Apotheke lassen. Eine seiner Katzen ist erkältet und braucht Antibiotika.

*Name geändert

Stiller Protest, so wie jeden Tag

Falun-Gong-Anhänger an der Jannowitzbrücke - Foto: Henning OnkenAngefangen hat es im Sommer 2001: Zwei Jahre nachdem die chinesische Botschaft in das Gebäude an der Jannowitzbrücke zog, versammeln sich Anhänger der Meditationsbewegung Falun Gong auf der Brücke. Sie hängen Transparente auf, verteilen Flyer und protestieren still gegen die Verfolgung in ihrem Heimatland. Mal sind es zwei oder drei, die ihre Arme in den Himmel strecken, mal reisen Unterstützer aus anderen Städten an. Nicht immer sieht man nur asiatische Gesichter, auch hierzulande solidarisieren sich Menschen mit der Bewegung. An Terminen wie der Eröffnung der Olympischen Spiele gesellen sich auch Tibet- und Menschenrechtsaktivisten dazu.

Ob die Angestellten der Botschaft von dem Treiben Notiz nehmen? Hinter den verspiegelten Scheiben wird heute der 60. Geburtstag der Volksrepublik gefeiert, sicherlich mit einer Fernsehübertragung der pompösen Militärparade in Peking. Sie werden trotzdem wieder da stehen, so wie fast jeden Tag seit neun Jahren.

Leichte Beute für die Polizei

Radfahrer sind eine leichte Beute für Polizisten. Sie scheren sich kaum um rote Ampeln, Baustellen und sind meist im Rudel unterwegs. So verwundert es kaum, dass das klamme Land Berlin verstärkt kontrolliert. An der Frankfurter Allee gingen einer Streife kürzlich hinter einer Baustelle mehrere Radfahrer gleichzeitig ins Netz – sie hatten keine Zeit, abzusteigen und ihre Räder 400 Meter weit zu schieben. Kein Wunder: Die Polizisten hatten sich morgens um kurz vor neun hinter der noch neuen Baustelle positioniert.

Auch hinter einer ziemlich nutzlosen roten Ampel an einer kleinen Querstraße zu Unter den Linden kassieren Streifenpolizisten nicht schlecht. Wenn sie  fünf sechs Radler gleichzeitig heraus winken und das mehrmals pro Stunde, kommt einiges zusammen: War die Ampel länger als eine Sekunde rot, bedeutet dies 100 Euro Bußgeld. Hat jemand keine Klingel oder nicht funktionierende Bremsen, kommen jeweils zehn Euro hinzu. Geld, das sich Radfahrer eigentlich sparen könnten; denn in den Ausbau von Fahrradstreifen dürften diese Bußgelder wohl kaum fließen…

Bußgeldkatalog für Radfahrer

Neue Kommentare

  • Thomas Feirer: echt coole Bilder …
  • Anonymous: achso hier meine email adresse zero88-denis@web.de
  • Anonymous: echt bei dir geht das noch? zu silvester wollen paar leute und ich schön gemütlich auf ein dach feiern ist...
  • Aileen: Ich hab mal ne frage: wo genau ist der Markt und hat der auch sonntags auf? lg
  • Ilse Fuehrhoff: Es gibt in Berlin tatsächlich noch sehr viele, eigentlich ungeahnt viele Hausfassaden oder auch...

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