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Archiv für das 'Charlottenburg'-tag

Die letzten Groupies von Psycho-Knut

Ich komme fast jeden Tag am Zoo vorbei, an Eseln und Lamas. Die Esel schreien oft herzzerreißend – Sympathien bringt ihnen das aber kaum. Der King des Zoos ist Knut. Noch immer harren Fans mit Dauerkarten vor seinem Gehege aus. Stundenlang, wochenlang. Leute mit Expertenwissen und Knut-Ansteckern am Revers. Knut sei ein richtiger Softie, erzählt eine Rentnerin. Nicht mal einem Frosch könne er etwas zuleide tun. Ihre Augen leuchten, als berichte sie von ihrem Lieblingsenkelkind. Sie schaut jeden Tag bei ihrem Knut vorbei – es sei denn, sie ist verreist oder krank.

Den Wassergraben zwischen sich und dem Eisbären überwindet die Frau mühelos mit ihrem Teleobjektiv. Seine  Entwicklung hat sie von Beginn an dokumentiert. Zuerst mit einer geliehenen kleinen Knipse, dann mit einer eigenen Spiegelreflexkamera. Auch andere Knut-Aktivisten sind scharenweise zu Saturn am Zoo gelaufen, um sich dort mit tollen Kameras und Objektiven einzudecken. Einige haben sogar Zoo-Aktien gekauft, um morgens schon ab sieben Uhr zu Knut zu dürfen.

Und Knut? Der läuft wie ein hospitalisierter Kranker in seinem Gehege auf und ab und wartet auf Futter. Sult sich in einer Kuhle, jagt Enten. Die Meinungen darüber, ob er einen kleinen psychischen Knacks hat oder nicht gehen auseinander. Ist auch egal. Etwas ganz Besonderes ist Knut ja. Knacks hin oder her.

Berlin brutal #13: Kommt zu uns hier rein!

Wenn einmal im Jahr Ministerien oder Museen zum Tag der offenen Tür einladen, stehen Tausende Schlange. Anders vor der Zentrale von Scientology in der Otto-Suhr-Allee in Charlottenburg: Dort ist anscheinend jeden Tag ein Tag der offenen Tür. Es locken weder Blaskapellen, noch Stehtische mit Kaffee und Kuchen. Den einzigen Besucher auf diesem Foto erwartet nur die bekannte Mischung aus Psycho-Gedudel, verfänglichen Persönlichkeitstests und stapelweise Bücher des Gurus L. Ron Hubbard. Die werden allerdings verkauft – wirklich umsonst gibt es nur misstrauische Blicke der “operierenden Thetane” von drinnen.

Es wäre weniger skurril, das Schild “Heute Tag der offenen Tür” vor einem Media-Markt aufzustellen als vor dieser “Kirche”. Gut dass diese Werbung offenbar nicht funktioniert, auch nicht mit Gratis-Massagen vor der Weltzeituhr. Der Berliner ist schließlich nicht blöd.

Dem Wohnungsmarkt entkommen, dem Winter nicht

Foto: Henning Onken

Wenn die S-Bahn im Minutentakt über ihre Köpfe rattert, ziehen sie den Schlafsack hoch. Passanten sehen dann nur noch ein Bündel aus Decken – und ein offenes “Wohnzimmer” mit Blick auf den verschneiten Tiergarten. “Die Zwei vom S-Bahnbogen 491″ nennt die B.Z. die beiden Männer aus Polen, die sich häuslich unter der Brücke eingerichtet haben. An der Wand eine Europa-Karte, Zeitungsausschnitte und eine Weihnachtskarte. Statt eines Schranks fasst ein Einkaufswagen die wichtigsten Habseligkeiten. “Rührende Reste von Bürgerlichkeit” nennt das die Zeitung. Während tausende andere Berliner über überhöhte Heizkostenabrechnungen klagen, pusten diese Männer in ihre Schlafsäcke.

Wer will mit ihnen tauschen? Mo, die Dauercamperin vom Landwehrkanal vielleicht,  der Zelter vom Volkspark Friedrichshain oder mein unbekannter Nachbar hinter der offenen Dachbodentür.

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Die Wagenburgler der Lohmühle in Treptow lässt der Wohnungmarkt kalt, aber warm haben sie es trotzdem. An der Wand steht Brennholz für den Ofen, ein Allesbrenner, der den kleinen Wagen ruckzuck aufwärmt. Hier passt mehr rein, als man denkt – meist haben die Bewohner den Raum geschickt eingerichtet. Unter dem Wagen deutet ein Surfbrett an, wohin es den Bewohner im Sommer verschlägt. An den Müggelsee vielleicht, wenn richtig Wind weht. Wer wollte mit ihm tauschen?

Festgefrorenes Hausboot am Tiergartenufer - Foto: Henning Onken

Am Tiergartenufer sind die Hausboote festgefroren, hilflos im Eis gefangen und verlassen. Doch irgendwo zeigt ein Licht an, dass hier jemand auf den Sommer wartet.

Fotostrecke: Berliner Seitenblicke

Das Gangster-Trio vom Savignyplatz

Ronald Reagan, Bill Clinton und George Bush halten Händchen am Savignyplatz in Charlottenburg. Sie erinnern dabei eher an eine Bande von Bankräubern als an Staatsmänner. Anders als dieses Graffito vermuten lässt, haben die Berliner die letzen US-Präsidenten aber nicht über einen Kamm geschoren. 2005 gab es viel Wut auf George W. Bush, im Juli dieses Jahres Euphorie für Barack Obama (siehe verlinkte Fotos).

Bleibt die Frage, ob der Neue im Weißen Haus eines Tages auch in diese Reihe gestellt wird. Aber das hängt wohl davon ab, wie ernst die neue Administration die Menschenrechte nimmt oder die Souveränität anderer Staaten.

Fotostrecke: Berliner Streetart

Berlin brutal #2: Eine mongolische Studentin erzählt

Im Dezember werden die Grenzkontrollen zu den meisten neuen EU-Mitgliedstaaten entfallen, und ab 2009 dürfen Polen, Tschechen und andere wohl endlich in der Bundesrepublik arbeiten. Alina nützt das herzlich wenig, für Nicht-EU-Ausländer ändert sich nichts. “Ich habe schon umsonst gearbeitet, am Anfang”, erzählt sie. Um den Lohn geprellt wurden auch Freundinnen. “Die wissen, ohne Papiere kann man sich nicht wehren.”

Als Teilnehmerin an einem Deutsch-Kurs hatte Alina zunächst keine Arbeitserlaubnis und jobbte in einer Eisdiele in Potsdam. Eine unschöne Zeit, es gab immer wieder Kunden mit “schlechten Manieren”, sagt sie. In dem Charlottenburger Café, in dem sie jetzt arbeitet, ist zumindest die Atmosphäre netter. Keine fremdenfeindlichen Musterdeutschen. Viele Gäste hocken stundenlang über ihrer Zeitung, aber am Ende haben die meisten doch nur zehn Cent Trinkgeld übrig.

Fallstrick Krankenversicherung

Eigentlich zählt Alina zu den Privilegierten, die Eltern sind Diplomaten. Die Entscheidung, dass die Tochter im Ausland studieren würde, fiel ohne deren Einwilligung. “Als 17-Jährige konnte ich nicht mitreden.” So lernte sie Deutsch, durchlief das für Ausländer obligatorische Studienkolleg zur Vorbereitung auf ein Studium und suchte sich einen Job als Kellnerin, um das Studium zu finanzieren.

Ein kurzer Krankenhausaufenthalt noch vor Semesterbeginn kostete Alina jedoch zwei Jahre: Ohne Krankenversicherung war die Privatrechnung für den Rettungswagen und einen kurzen stationären Aufenthalt immens. Mit 2500 Euro Schulden war an ein Studium erst einmal nicht zu denken.

“In der Mongolei ist vieles einfacher”, sagt sie. “Man kennt jemanden, der jemanden kennt, der einen behandelt.” Bestechung also? Alina lacht und spricht von “Freundschaftsdiensten”. Wenn sie in zwei Jahren nach Asien zurückkehren wird, will sie bei einer Hilfsorganisation arbeiten. “Dort gibt es so viel zu tun, die brauchen immer Leute.” Für Praktika während des Studiums bleibt keine Zeit.

“Call me Dustin” oder die Zukunft Marzahns

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Jean Jolina, Dustin-Anthony und Gabor Kilian – willkommen in Hellersdorf, ihr Süßen! Neugeborene im Oktober, gefunden in der Stadtteilzeitung Die Hellersdorfer. Ein Querschnitt des Geburtsjahrgangs 2007 in Berlin, oder symptomatisch für einen Bezirk, den tausende junger Menschen verlassen?

Namen wie “Christian” und “Anna” sind von vorgestern, der Wunsch, sich von anderen abzuheben, weit verbreitet. Der Geschmack für Vornamen sei “sozial imprägniert”, zitiert die Zeit den Berliner Kultursoziologen Jürgen Gerhards, der Geburtsregister von 1894 bis 1998 untersucht, und Namen und Berufe der Eltern verglichen hatte.

Samantha oder Paula als Juniorprofessorin?

Ein Blick in Lokalblättchen aus Charlottenburg oder Prenzlauer Berg wäre daher aufschlussreich gewesen. Akademiker, die bevorzugt in diesen Stadtteile wohnen, wählen andere Namen, auch wieder zunehmend christliche. Kinder heißen dort Antonia, Franziska, Friedrich und Julius. Nur findet sich nirgends eine solche Anzeige.

Wahrscheinlich haben sich die (jungen) Eltern in den innerstädtischen Bezirken händeringend gegen die Annonce der Vivantes Kliniken gewehrt. Zu “prollig”?

Neue Kommentare

  • Thomas Feirer: echt coole Bilder …
  • Anonymous: achso hier meine email adresse zero88-denis@web.de
  • Anonymous: echt bei dir geht das noch? zu silvester wollen paar leute und ich schön gemütlich auf ein dach feiern ist...
  • Aileen: Ich hab mal ne frage: wo genau ist der Markt und hat der auch sonntags auf? lg
  • Ilse Fuehrhoff: Es gibt in Berlin tatsächlich noch sehr viele, eigentlich ungeahnt viele Hausfassaden oder auch...

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