Ich komme fast jeden Tag am Zoo vorbei, an Eseln und Lamas. Die Esel schreien oft herzzerreißend – Sympathien bringt ihnen das aber kaum. Der King des Zoos ist Knut. Noch immer harren Fans mit Dauerkarten vor seinem Gehege aus. Stundenlang, wochenlang. Leute mit Expertenwissen und Knut-Ansteckern am Revers. Knut sei ein richtiger Softie, erzählt eine Rentnerin. Nicht mal einem Frosch könne er etwas zuleide tun. Ihre Augen leuchten, als berichte sie von ihrem Lieblingsenkelkind. Sie schaut jeden Tag bei ihrem Knut vorbei – es sei denn, sie ist verreist oder krank.
Den Wassergraben zwischen sich und dem Eisbären überwindet die Frau mühelos mit ihrem Teleobjektiv. Seine Entwicklung hat sie von Beginn an dokumentiert. Zuerst mit einer geliehenen kleinen Knipse, dann mit einer eigenen Spiegelreflexkamera. Auch andere Knut-Aktivisten sind scharenweise zu Saturn am Zoo gelaufen, um sich dort mit tollen Kameras und Objektiven einzudecken. Einige haben sogar Zoo-Aktien gekauft, um morgens schon ab sieben Uhr zu Knut zu dürfen.
Und Knut? Der läuft wie ein hospitalisierter Kranker in seinem Gehege auf und ab und wartet auf Futter. Sult sich in einer Kuhle, jagt Enten. Die Meinungen darüber, ob er einen kleinen psychischen Knacks hat oder nicht gehen auseinander. Ist auch egal. Etwas ganz Besonderes ist Knut ja. Knacks hin oder her.
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