Keine Zentralheizung, keine neuen Fenster, nicht einmal das löchrige Laminat im Treppenhaus wollten sie ersetzt haben, erzählt Jan* trotzig. “Wir wollen keine Sanierung”, steht zur Bestätigung auf einem Plakat im Innenhof. Jan wohnt seit mehr als zehn Jahren in dem Haus am Rande eines Berliner Szenekiezes. In seiner Wohnung mit Kohleofen fühlt er sich wohl. So soll es bleiben.
Das haben Jan und etliche seiner Nachbarn ihrem neuen Vermieter erzählt. Der habe die Immobilie sicher nicht ohne große Pläne gekauft. In den nächsten zwei Jahren werde jedoch alles beim Alten bleiben, versprach der neue Eigentümer den aufsässigen Mietern. Keine Baugerüste, Bohrhämmer, Umsetzwohnungen in anderen Teilen der Stadt und keine höheren Mieten.
Warum freuen sich diese undankbaren Leute nicht auf ein neues Bad, auf eine Klingelanlage, mag er sich fragen. Kaum zu glauben, dass sie wirklich weiter durch ein Treppenhaus voller Graffiti zu ihren verlotterten Wohnungen stapfen wollen. Die Verweigerungshaltung wäre noch verständlich, wenn sich hinter den Bewohnern eine politisierte Clique ehemaliger Hausbesetzer verbergen würde. Aber das ist nicht der Fall.
Mieter in diesem Haus reden seit vielen Jahren öfter miteinander als anderswo. Viele von ihnen haben dabei festgestellt, dass sie durch eine Sanierung nur verlieren würden: Was wäre mit Partys auf dem Dach, wenn im ausgebauten Dachgeschoss ein Neu-Berliner seine Ruhe haben will? Der Pool auf der Wiese hinter dem Haus müsste wohl verschwinden und auch den wild wuchernden Knöterich würde ein seelenloser Handlanger des Besitzers einfach abschneiden.
Der Kampf ist vertagt, das Leben am Pool geht weiter. Noch mindestens zwei Sommer lang können Jan und seine Nachbarn dort in Ruhe unter einem Sonnenschirm sitzen und lesen, Musik hören. Und darüber nachdenken, wie sie ihren Status quo weiter halten können. Vielleicht mit dem Abwertungskit von “Es regnet Kaviar”.
Fotos: Berliner Hinterhöfe
* Name geändert
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