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Archiv für das 'Treptow'-tag

Dem Wohnungsmarkt entkommen, dem Winter nicht

Foto: Henning Onken

Wenn die S-Bahn im Minutentakt über ihre Köpfe rattert, ziehen sie den Schlafsack hoch. Passanten sehen dann nur noch ein Bündel aus Decken – und ein offenes “Wohnzimmer” mit Blick auf den verschneiten Tiergarten. “Die Zwei vom S-Bahnbogen 491″ nennt die B.Z. die beiden Männer aus Polen, die sich häuslich unter der Brücke eingerichtet haben. An der Wand eine Europa-Karte, Zeitungsausschnitte und eine Weihnachtskarte. Statt eines Schranks fasst ein Einkaufswagen die wichtigsten Habseligkeiten. “Rührende Reste von Bürgerlichkeit” nennt das die Zeitung. Während tausende andere Berliner über überhöhte Heizkostenabrechnungen klagen, pusten diese Männer in ihre Schlafsäcke.

Wer will mit ihnen tauschen? Mo, die Dauercamperin vom Landwehrkanal vielleicht,  der Zelter vom Volkspark Friedrichshain oder mein unbekannter Nachbar hinter der offenen Dachbodentür.

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Die Wagenburgler der Lohmühle in Treptow lässt der Wohnungmarkt kalt, aber warm haben sie es trotzdem. An der Wand steht Brennholz für den Ofen, ein Allesbrenner, der den kleinen Wagen ruckzuck aufwärmt. Hier passt mehr rein, als man denkt – meist haben die Bewohner den Raum geschickt eingerichtet. Unter dem Wagen deutet ein Surfbrett an, wohin es den Bewohner im Sommer verschlägt. An den Müggelsee vielleicht, wenn richtig Wind weht. Wer wollte mit ihm tauschen?

Festgefrorenes Hausboot am Tiergartenufer - Foto: Henning Onken

Am Tiergartenufer sind die Hausboote festgefroren, hilflos im Eis gefangen und verlassen. Doch irgendwo zeigt ein Licht an, dass hier jemand auf den Sommer wartet.

Fotostrecke: Berliner Seitenblicke

Nie wieder verhungerte Dackel im Winter

Ich hatte es für eine Satire gehalten, aber in Berlin-Treptow gibt es seit einigen Wochen tatsächlich eine Tiertafel. Da reicht ein Verein kostenlos Futter an bedürftige Berliner weiter – ganz nach dem Prinzip der Lebensmitteltafeln. Nach Vorlage eines Hartz IV-Nachweises oder Rentenbescheids kann der Dackel so über den Winter gerettet werden.

Gut für das Tier, für den Besitzer könnte ein Besuch dieser Futterausgabestelle aber eine Vormittag füllende Beschäftigung werden. Die Vorstellung, für eine kostenlose Packung Hundefutter die halbe Stadt zu durchqueren, ist grotesk. Die Regelsätze der Grundsicherung scheinen wirklich vorne und hinten nicht auszureichen.

Tiere haben eine soziale Funktion, so viel ist sicher – für viele Besitzer sind sie weit mehr als nur Gefährten. Dass Menschen bereit sind, für ihre Haustiere lange Wege zurückzulegen, scheint daher nur konsequent. Aber ist das wirklich nötig? Wären nicht ein paar Euro mehr Arbeitslosengeld II drin, um den Leuten diese Demütigung zu ersparen? Wer von einer caritativen Einrichtung zur nächsten hetzen muss, um sich und seine Familie (und Tiere) satt zu kriegen, wendet einen Großteil seiner Energie dafür auf. Energie, die vielleicht bei der Jobsuche fehlt.

Berlin ist ja so kreativ – bis in den letzten Winkel

Die wahrscheinlich kleinste Galerie Berlin - Foto: Henning Onken

Wenn in Berlin überhaupt irgendwas richtig gut funktioniert, dann ist es die Kunstmaschine. Ihr Takt treibt Touristen wie Besessene durch die Auguststraße, verzweifelt, wenn sie in drei Tagen Hauptstadt immer noch unbesuchte Kreuzchen auf ihren Stadtplänen sehen, den sie wie eine Schatzkarte vor sich her tragen. Oh je, bitte nicht zurück nach London ohne den Wohnzimmerfund.

Die Berliner Kunstmaschine macht Menschen in der ganzen Republik zu Getriebenen. Der Galerist aus Köln hat Angst etwas zu verpassen und eröffnet eine Niederlassung in Mitte, während sein alteingesessener Kollege die nächste Fabriketage anmietet. Und mehr als 400 Galerien sind immer noch nicht genug. Berlin hat viel zu wenig Ausstellungsflächen und weil die Not so groß ist, brauchen wir eine temporäre Kunsthalle auf dem Schlossplatz.

Die Sturm-und-Drang-Spur dieser Entwicklung zieht sich bis in einen kleinen Bauwagen in Treptow. Darin befindet sich die wohl kleinste Galerie Berlins, am Ufer des Landwehrkanals und am Rande der Wagenburg Lohmühle gelegen. Zurzeit hängen dort Bilder mit ein wenig Widerstands-Romantik, mit Wehmut an das Lagerfeuer im Wendland oder das Zeltlager vor Heiligendamm. Aufnahmen eben, die gut zu einer Wagenburg passen. Es sitzt kein Galerist herum, ja es ist die meist Zeit überhaupt niemand dort, nur ein Jogger schnauft mal vorbei, und dann wieder einer.

Man denkt nach: Es gibt Kunst, die einen anschreit und Kunst am Wegesrand. Es gibt Kunst, die keine ist und solche, die zu Vandalismus erklärt wird. Mal dreht es sich darum, davon zu leben, mal ist es ein innerstes Bedürfnis und alles andere nicht so wichtig. Ja, liebe Kunstsucher, macht ruhig noch ein Kreuzchen mehr auf euren Stadtplan.

Fotostrecke: Berliner Seitenblicke

Treptow und die Hunde

Originelle Erziehungsmaßnahmen hin oder her – ich wollte nichts mehr über Hunde und ihre Hinterlassenschaften schreiben, weil das Thema in Berlin nicht gerade Neuigkeitswert besitzt. Von Moabit über Mitte und Friedrichshain bis nach Neukölln – überall setzen sich Anwohnerinitiativen und das Quartiersmanagement für saubere Straßen ein.

“Wenn du der Hundekacke den Kampf ansagst, hättest du in der Friedrichshainer CDU gute Chancen auf einem vorderen Listenplatz”, meinte ein Freund, der sich mit der Situation in seinem Stadtteil arrangiert hat. Toleranz gegenüber Hundehaltern sei insofern wichtig, als sie Verbündete seien: Die Mieten blieben billig in Kiezen, in denen Hundehaufen auf der Straße liegen bleiben. “Die oberen Zehntausend ziehen nicht dorthin.”

However. Anders in der Lohmühlenstraße in Treptow: Die Botschaft der Anwohner ist klar – von wem genau die Initiative mit den Hundemist-Beuteln am Zaun jedoch ausgeht, allerdings weniger. Nirgends ein Bekennerschreiben.

Es kämen jedenfalls diese

oder diese Anwohner in Frage…

Beiden wäre es zuzutrauen. Vielleicht rückt die Nachbarschaft auch enger zusammen – vereint durch ein gemeinsames Projekt.

Neue Kommentare

  • Thomas Feirer: echt coole Bilder …
  • Anonymous: achso hier meine email adresse zero88-denis@web.de
  • Anonymous: echt bei dir geht das noch? zu silvester wollen paar leute und ich schön gemütlich auf ein dach feiern ist...
  • Aileen: Ich hab mal ne frage: wo genau ist der Markt und hat der auch sonntags auf? lg
  • Ilse Fuehrhoff: Es gibt in Berlin tatsächlich noch sehr viele, eigentlich ungeahnt viele Hausfassaden oder auch...

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