In Friedrichshain lebt ein Mann, der Tag für Tag Müll auf Bürgersteigen aufhebt und ihn anschließend dorthin steckt, wo wir ihn alle sehen sollen – auf Fenstersimse, hinter Regenrohre und auf Bänke. “Alles voll hier!”, schimpft der etwa 60-Jährige und gibt Passanten noch ein giftiges Wort mit auf den Weg. “Haste billigen Glühwein abgeschleppt – Fusel!”, mault er jemanden an, der einige Liter H-Milch trägt. Im Supermarkt schimpft er, gebeugt über seinen Einkaufswagen, lauthals über den Verrat der Sozialdemokratie am Volk, das sich hier in der Schlange langsam abkassieren lässt. Er wird nach Kräften ignoriert.
Zu den Öko-Aktivisten, die im ganzen Stadtgebiet teure Autos tiefer legen, gehört der Mann in abgetragener Rentner-Mode eher nicht. Dafür richtet sich sein Ärger zu unspezifisch gegen jeden, der ihm begegnet. Er könnte mal Abschnittsbevollmächtigter gewesen sein, eine Art DDR-Blockwart, meint eine Freundin. Vielleicht ärgert er sich deshalb für den Rest seines Lebens über alle unachtsam weg geworfenen Dinge.
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