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Monatsarchiv für Oktober 2007

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Tag der Moscheen: Der leise Ruf des Islams

Moschee Wiener Straße

An Berliner Hinterhof-Moscheen fällt von außen oft nur ein Schild wie “islamischer Kulturverein” ins Auge. Auch Muezzine, die wie in manchen Vierteln von Kairo den Kiez mit Lautsprechern um die Wette beschallen, sucht man hier vergeblich. In den Gebetsräumen der Merkez-Moschee ist trotzdem viel los. Im Fastenmonat Ramadan werden täglich etwa 30 Seiten aus dem Koran vorgelesen. Wer kann, kommt mit der ganzen Familie, doch in den Räumen in der Wiener Straße stößt man überwiegend auf Rentner. Die Frauen müssen in einem anderen Gebäudeteil getrennt von den Männern beten.

Sehitlik-Moschee

In der Sehitlik-Moschee am Columbiadamm können sich Besucherinnen am Tag der offenen Moschee auf Wunsch ein Kopftuch geben lassen, was etliche Kreuzbergerinnen auch tun. In dem prachtvollen Hauptraum spricht eine Frau mit fester Stimme etwa 20 Minuten lang über Toleranz. Die Fragen von Besuchern sind überall ähnlich: Was erzählen Imame aus der Türkei ihren Gemeinden wirklich? Bekommen Kinder hier nach der Schule Hilfe bei ihren Hausaufgaben oder Nachhilfe in der Scharia? Wie steht es um die Rechte von Frauen?

Sehitlik-Moschee

Berlins Muslime wollen raus aus in den 70er und 80er Jahren zu Gebetsräumen umgebauten Lagerhallen oder Fabriketagen und in repräsentativen Bauten ihren Glauben offen leben. So lautet zumindest der Tenor vieler Medienberichte über Bauprojekte wie das Maschari-Center am Görlitzer Bahnhof. Über die Finanzierung der Moschee mit den vier Minaretten zuckt man auch in der benachbarten Merkez-Moschee nur mit den Achseln. Für heftigen Streit unter Anwohnern und Parteien sorgt auch der Bau einer zweigeschossigen Moschee mit einem zwölf Meter hohen Minarett in Pankow-Heinersdorf.

Jobs, Jobs, Jobs: Statt “hartzen” ins Ländle

foto_oliver-toettger.jpg

“Schön hier, aber waren Sie schon mal Baden-Württemberg?” Berlin sucht dieser Tage nach einem Slogan, der das Image der Stadt verbessern soll, aber einen Exportschlager wie diesen Spruch aus dem Musterländle habe ich noch nirgends gelesen.

“Bei uns herrscht Vollbeschäftigung”, erzählte Christine, die in der Nähe von Stuttgart als Lehrerin arbeitet. In dem kleinen Ort, in dem fast jeder ein “Stückle” (*) besitzt, und viele Bürger ehrenamtlich engagiert sind, gibt es mehr Stellen als Bewerber. “Ich kann verstehen, dass Leute nicht aus Berlin weg wollen, aber dort bleiben, um jeden Preis?”

Letzte Haltestelle: Berlin

Die Außenperspektive ist interessant, wenn auch wenig hilfreich. Wer zur Stellensuche nach Berlin gekommen ist, wird sich wohl kaum mit solchen Sprüchen fangen lassen. Wie ein Freund aus Greifswald, der an kleinen und guten Unis die “Orchideenfächer” Ethnologie und Skandinavistik studiert hat. Seine Zusatzqualifikationen füllen Aktenordner: Deutsch-Kurse an Goethe-Instituten in Schweden, ein Lektorenprogramm der Robert-Bosch-Stiftung in Russland, ein Kurzfilm, mehrere Fotografie-Ausstellungen. Nun promoviert er an der Humboldt-Universität – aus Verlegenheit, wie er ohne Umschweife eingesteht. Aber in Berlin zu leben, sei ihm nun mal “verdammt wichtig”. Auch wenn es nicht gerade erfüllend ist, 30 Stunden die Woche in einem Computer-Laden zu jobben. Hartz IV ist für den Absolventen keine Alternative. “Dafür habe ich nicht studiert.”

Das Job-Center trägt die Kosten für den Umzug von Hartz IV-Empfängern in eine andere Stadt, erfuhr kürzlich Nele, eine arbeitssuchende Erziehungswissenschaftlerin. Überrascht hat sie das nicht: “Ein Fall weniger für die Statistik, das rechnet sich sofort.” Vielleicht wird das eingesparte Geld künftig darauf verwendet, Arbeitslosengeld II-Empfängern Werbespots für Baden-Württemberg zu zeigen. Mit der zentralen Botschaft “Wir [im Ländle] können alles – außer Hochdeutsch, aber kommen Sie – Job garantiert.”

Koffer für Freiburg schon gepackt? So einfach ist es dann auch wieder nicht. In Baden-Württemberg warnt man vor “naiven Vorstellungen”: Jobgarantien für Akademiker gebe es nicht. Gesucht würden vor allem Maurer, Schlosser, Schweißer, Heizungsbau-Installateure, Schlosser, Baggerfahrer.

(*) kleiner Streifen Land

Foto: Oliver Toettger. Häuser mit Solarzellen in Freiburg-Vauban

Das Problem am anderen Ende der Leine

Oranienstraße Kreuzberg

“Man kann Bänke anzünden und dealen, alles kein Problem. Aber wehe, du hast einen Hund”, beschwerte sich kürzlich ein Neuköllner im Deutschlandfunk über Kontrollen des Ordnungsamts in der Hasenheide. Aus Protest lässt er sein Tier ohne Leine durch den Park laufen. In der großen Grünanlage zwischen Kreuzberg und Neukölln treffen wir auch Alexander und seine Bulldogge “Saddam”. Der Hund sitzt friedlich zu seinen Füßen, ganz wie das Tier auf dem Foto, das in der Oranienstraße wahrscheinlich ein Auto bewachen soll.

Auch Alexander hat Grund, sich zu ärgern: Über den Leinenzwang, über schiefe Blicke von Eltern mit Kindern und über die einzige Hundewiese im Kreuzberger Teil des Parks. Dort laufen eher die Bewohner der Bergmannstraße auf, “die haben nettere Hunde”, erzählt eine Freundin. Andere Grünanlagen wurden aufwendig umgestaltet, um Hunde und ihre Hinterlassenschaften fern zu halten. Leute mit Kindern sollen her – wie zum Beispiel am Boxhagener Platz in Friedrichshain.

Der städtische Aktionismus begann vor sieben Jahren mit der Hundeverordnung, die die Haltung von Kampfhunden erschwert. Das Gesetz zeigt Wirkung, meinen dessen Befürworter und verweisen darauf, dass Hundeattacken auf Menschen von von 1900 im Jahr 2000 auf weniger als 900 zurückgegangen sind. Die strengeren Gesetze und die öffentlichen Debatten haben offenbar dazu geführt, dass sich Hundehalter mehr mit ihren Tieren beschäftigen. Claudia Hämmerling von den Grünen fordert seit Jahren die Aufhebung des Gesetzes, das bestimmte Rassen als gefährlich einstuft. Schäferhunde und Rottweiler dürfen dagegen ohne Maulkorb herumlaufen und beißen häufiger zu, als alle anderen Rassen zusammen.

Leih-Cabrio: Einen Tag durch Berlin protzen

“Geilomat, die Kulisse – wenn diese Typen nicht im Weg stehen würden.. Geht weg da, Trottel!” Drei BMW-Fahrer vor dem Olympia-Stadion ärgern sich über Besucher, die ihre Kameras ausgepackt haben, und ihnen das Bild zu versauen drohen. Gleich müssen die beiden Mietwagen zurück gebracht werden und ein Schnappschuss mit den Autos vor dem schrecklichen Monumentalbau von Werner March fehlt noch. Erfolgreich haben sie bereits vor der Siegessäule posiert und auch das Schloss Charlottenburg haben sie im Kasten.

Ich habe schon Leute mit komischen Vorlieben getroffen. Die ihren Verwandten Ballon-Fahrten geschenkt haben oder einen Tag in einem Erlebnis-Park, in den ich nie freiwillig einen Fuß setzen würde. Traurig auch die Entscheidung einer Freundin, ihren 30. Geburtstag auf einer Go-Cart Bahn in Reinickendorf zu feiern. “30. Geburtstage sind immer furchtbar, warum also nicht gleich dorthin gehen, wo es richtig weh tut?”, hatte sie gesagt.

Aber von einem 24-Stunden-Gutschein für ein Cabrio habe ich bislang nicht gehört. Es handelt sich um einen teuren Spass, wie die Google-Suche ergab. Einen VW-Beetle kriegt man ab 99 Euro, richtig teuer ist ein Bentley Continental GTC (1000 Euro). Für einen BMW Z4 muss man etwa 130 Euro pro Tag berappen.

Kein Wunder, dass es die Leiher der Cabrios eilig hatten und sportlich weiterheizen mussten…

Neue Kommentare

  • Thomas Feirer: echt coole Bilder …
  • Anonymous: achso hier meine email adresse zero88-denis@web.de
  • Anonymous: echt bei dir geht das noch? zu silvester wollen paar leute und ich schön gemütlich auf ein dach feiern ist...
  • Aileen: Ich hab mal ne frage: wo genau ist der Markt und hat der auch sonntags auf? lg
  • Ilse Fuehrhoff: Es gibt in Berlin tatsächlich noch sehr viele, eigentlich ungeahnt viele Hausfassaden oder auch...

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