
Viele Berliner sind der Meinung, dass Spätkauf-Läden eine üble Kunden-Abzocke betreiben. Zum Beispiel jener ältere Bad-Religion-Fan, der so oft in den “Late-night-Lidl” meiner Wahl geht. Der Mann mit der nietenbewehrten Lederjacke steht ratlos vor den Regalen, schüttelt sein schütteres Zottelhaupt. Schließlich kauft er Tabak und ärgert sich lauthals über den “unehrlichen” Preis für Dosen-Ravioli, durch den ihm ein italienischer Moment beim Abendessen verloren geht.
“Der ist breit wie ‘ne Sau, Alta!”, schimpft der Verkäufer – natürlich erst, als sein Kunde verschwunden ist. Der Alt-Punk schaffe es nicht, tagsüber im Supermarkt einzukaufen, mutmaßt er weiter. Warum überhaupt die Aufregung um ein paar Cent?
Für Hartz-IV-Empfänger, deren Sparmenu vom Finanzsenator berechnet wird, sind manche Aufschläge wohl wirklich kaum zu bezahlen. Doch Nachtschicht in einem Spätkauf ist einfach mal ein blöder Job – die Verkäufer sollten gut entlohnt werden.
Eines aber bleibt seltsam: Mein Spätkauf ist – anders als auf dem Bild oben – eigentlich eine Bäckerei. Das Drumherum aus Getränken, Fertigpizzen und Knabberkram entwickelt sich jedoch ab 20 Uhr zum Kerngeschäft.
Damit könnte in ein paar Jahren Schluss sein, falls in Berlin US-amerikanische Verhältnisse einkehren: Man erinnere sich an die erste Szene aus dem Film “The Big Lebowski”. Dort schlurft “The Dude” nachts in einen völlig leeren Supermarkt, nur um Milch für einen Drink zu kaufen – “White Russian”. Cheers!
Fotostrecke: Berlin bei Nacht
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