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Monatsarchiv für April 2008

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Media Spree, der Kiez-Schlucker

Gibt es sie eigentlich, die Befürworter des Projekts Media Spree? Beim Durchblättern der aktuellen Zitty war ich entsetzt über die Abbildung einer Bebauungsplansimulation. Was auf Kreuzberger Seite noch vergleichsweise harmlos anmutet, entpuppt sich am Friedrichshainer Spreeufer als bunkerartiger Komplex, der sich kilometerweit zieht. “Freiräume” sollen vor allem in Friedrichshain verschwinden. Nicht nur für die Strandbars entlang der Spree würde eine Umsetzung der Pläne das Aus bedeuten. Auch Clubs wie das Maria am Ostbahnhof.

Foto: Henning Onken

In Mitte und Kreuzberg muss man schon länger suchen. Weite Teile des Ufers sind jedenfalls nicht zugänglich oder Industriebrachen. Morbider Charme ja, aber bis auf den Cuvry-Straßen-Flohmarkt, der wohl von Media Spree geschluckt werden soll, auch nicht gerade kiezig.

Spreeufer - Foto: Henning Onken

Fotos: Henning Onken

Erfrischende Leere am Wannsee

Für Abgehärtete: Das Strandbad Wannsee nimmt schon an diesem Wochenende den regulären Betrieb wieder auf. Die Chance, endlich einmal unbeobachtet ein paar Bahnen zu ziehen. Dass die Badesaison dort trotz gefühlter Minus-Grade planmäßig beginnt, gilt als wahrscheinlich, denn das Strandbad wird als letztes Freibad noch von den Berliner Bäderbetrieben geführt.

An unrentablen Wochenenden wie diesem wird das Bad wohl in naher Zukunft nicht mehr öffnen. Private Interessenten, mit denen Gespräche über einen Pachtvertrag laufen, dürften – sofern sie den Zuschlag erhalten – künftig kurzfristiger planen und erst mal einen Blick auf die Wetterkarte werfen, ehe sie ihre Bademeister einbestellen. Also – Badezeug einpacken und los. So leer wird es dort in dem Strandbad nie wieder sein.

Hunde, Latte Macchiato und die Arbeiterwohlfahrt

Foto: Anne Grieger

Von wegen Latte-Macchiato-Kiez: In der Wühlischstraße in Friedrichshain betreibt die Awo ein Kiez-Café für Wohnungslose und Einkommensschwache. Ich dachte zunächst, eine der hippen Kneipen hätte einfach das Schild behalten, aber es scheint tatsächlich eine Anlaufstelle für Menschen in Not zu sein. Neben Beratungsangeboten und einer Notschlafstelle finden Besucher dort auch eine Kleiderkammer. Zudem werden Lebensmittel kostenlos verteilt.

Gleich um die Ecke, in der Gärtnerstraße, eine völlig andere Welt. Die “Kaufbar” erinnert an eine Art Puppenstube für Erwachsene, mit Retro-Tapeten an den Wänden, türkisfarbenem Tresen und Holztischen mit geblümten Tischdecken. Es gibt Bio-Milchkaffee, hin und wieder krabbeln dort Kinder herum. Wie im “Kauf dich glücklich” in Prenzlauer Berg können das alte Mobiliar und bunter Schnickschnack gekauft werden.

Das gleiche Bild auch am Boxi – hier die Familien mit Kindern auf dem Spielplatz, da die Trinker mit ihren Hunden. Ein funktionierendes Nebeneinander? Wohl weniger. Eltern klagen immer wieder über Hundemist, bereits vor mehr als drei Jahren wurde ein Teil des Platzes eingezäunt, um eine Liegewiese zu schaffen und Hunde fern zu halten. Bis heute weitgehend vergeblich, wie es scheint.

Stadtplanung 2.0: Studis als Gentrifizierer

Ein Modell für Neukölln? Die Stadt Hamburg lockt Studenten gezielt mit subventionierten Mieten in einen “Problemstadtteil”, in dem überwiegend Hartz IV-Empfänger, Ausländer und Leute mit Migrationshintergrund leben. 178 Euro kostet ein gefördertes WG-Zimmer bei einer städtischen Wohnungsbaugenossenschaft auf der Veddel, Gentrifizierung von oben sozusagen – die Jungakademiker sollen den Stadtteil lebenswerter machen.

Wo Leerstand herrscht, will niemand wohnen, die Mietpreise fallen. Und es wird trauriger für die “Abgehängten”, die nirgendwo anders hinziehen können, so die Logik. Die Neuköllner Zwischennutzungsagentur hat gezeigt, dass leerstehende Räume temporär sehr sinnvoll an Gründer mit kleinem Geldbeutel vermittelt werden können. Der Reuterkiez, Neuköllns neues “In-Viertel” an der Grenze zu Kreuzberg, hat seinen Aufschwung wahrscheinlich nicht zuletzt dieser Initiative zu verdanken. Studenten kamen von selbst, sie sollen inzwischen sogar aus Friedrichshain an den Landwehrkanal ziehen.

Aber zum Neuköllner Westen. Oberhalb des Hermannplatzes sieht es ganz anders aus, Kneipen heißen dort Herrfurth- Eck, Pinte II, Bierbaum 3. Würde der Senat im Schillerkiez WG-Zimmer subventionieren, müssten die Mieten für Studenten noch deutlich unter dem Hamburger Preis liegen – für 200-240 Euro kann man dort aktuell nämlich schon sehr günstig wohnen. Nur fühlen sich die wenigsten Neu-Berliner wohl, kaum einer hat Lust, dort dauerhaft Sozialstudien zu betreiben. Auch mit Blick auf die Bewohner, denen es am nötigsten fehlt – nämlich an Perspektiven – scheint ein solches Projekt mehr als fragwürdig. Ohne Bauchschmerzen könnten sich Besserverdienende von morgen jedenfalls nicht vom Senat sponsern lassen…

Raus hier! Kein Leben in der Discounter-Falle

Leicht veränderter Schlecker-Markt in Berlin-Friedrichshain - Foto: Christian Hetey

Machen wir uns nichts vor: Wir hängen an Lebensmittel-Discountern wie Junkies an ihrem Stoff. “Ich ziehe nirgendwo hin, wo kein Lidl in der Nähe ist” – das sagt eine Bekannte, die sich weder mit Glühwein aus Tetra Paks zuschüttet noch Billig-Fluppen raucht. Supermärkte sind die wahren Pulsadern urbanen Lebens, besonders in Berlin. Immer hat man etwas vergessen und wer seine Siebensachen für die Woche beisammen hat, kann beim Gang durch die Regale wenigstens den Zombie aus der Wohnung nebenan treffen – auch ein Grund, alle Tage wieder.

Erst wenn Autonome Kaiser’s anstecken oder am 1. Mai Penny plündern, ist Schluss mit Roter Grütze. Aber es ist vorerst unwahrscheinlich, dass dergleichen in Berlin wieder passiert.

Dabei ist es uns ziemlich egal, wie diese Ketten ihr Sortiment produzieren lassen oder mit ihren Beschäftigten umgehen. Letzteres erregt gerade die Gemüter: Lidl ließ Stasi-ähnliche Dossiers über Mitarbeiter anfertigen, samt Kamera-Überwachung im Pausenraum und Strichliste für Toilettengänge. Jede Woche war eine neue Filiale dran, erreichte ein neuer Spitzelbericht die Lidl-Herrscher in Neckarsulm – auch aus Berlin. Überdies ist seit Jahren bekannt, wie das Unternehmen mit Beschäftigten umgeht, die einen Betriebsrat gründen wollen.

Wo also weiter konsumieren, ohne solche Verhältnisse zu unterstützen? Bei der Konkurrenz von Edeka und Plus kommen wir offenbar vom Teufel zum Beelzebub – neue Enthüllungen belegen, dass auch dort gespitzelt wurde. Der Verdacht gilt auch für Drogerie-Markt-Kette Schlecker, deren Märkte so oft überfallen werden, dass man den oft allein tätigen Kassiererinnen eine schusssichere Weste als Arbeitskleidung wünschen muss. Und der Rest der deutschen Lebensmittel-Bagage? Rewe, Aldi, Tengelmann, haben die nicht auch Leichen im Keller?

Umfrage: Zeit für einen Discounter-Entzug?

Wo kann man guten Gewissens Lebensmittel kaufen?

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Foto: Christian Hetey

Neue Kommentare

  • Thomas Feirer: echt coole Bilder …
  • Anonymous: achso hier meine email adresse zero88-denis@web.de
  • Anonymous: echt bei dir geht das noch? zu silvester wollen paar leute und ich schön gemütlich auf ein dach feiern ist...
  • Aileen: Ich hab mal ne frage: wo genau ist der Markt und hat der auch sonntags auf? lg
  • Ilse Fuehrhoff: Es gibt in Berlin tatsächlich noch sehr viele, eigentlich ungeahnt viele Hausfassaden oder auch...

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