
Berlin ist voll von dämlicher Werbung. Der neue Hauptstadtslogan etwa klingt nach Stotterei, ist rekordverdächtig kurz, erschreckend unkreativ und die Kampagne dahinter kostet zehn Millionen Euro. Außerdem mussten wir gestern erfahren, dass “be berlin” möglicherweise geklaut ist – kopiert von dem Entwurf zweier Grafiker, die sich bei dem Wettbewerb ein Preisgeld erhofft hatten.
Eines aber muss man der Stadtverwaltung lassen – sie handelt folgerichtig. Einen Mehrwert aus dem zu ziehen, was Bürger freiwillig an Ideen und Geschichten auf die Webseite “sei berlin” hochladen, ist sinnentleert und trendy zugleich. Ich für meinen Teil fülle auf dem Amt schon genug Formulare aus und möchte einfach nur hier leben.
Völlig aus der Art geschlagen ist die Aktion einer Düsseldorfer Agentur, die in Berlin für einen Autohersteller wirbt. Gestern Nacht wurden dabei 1000 Straßenschilder hauptsächlich in Mitte mit der Aufschrift “Sunset Boulevard” überklebt. Am selben Tag begannen außerdem Arbeiter damit, am Springer-Hochhaus ein riesiges Plakat mit dem Namen von Deutschlands auflagenstärkstem Boulevardblatt zu entrollen. Damit jeder weiß, dass demnächst die Redaktion von Hamburg nach Berlin ziehen wird.
Diese Liste ließe sich weiter fortsetzen, mit dreiäugigen Fröschen, die an jeder Ecke dreist und illegal für Mobilfunkgeräte quaken oder riesigen Plakaten eines DSL-Übermodels.
Dabei darf man nicht vergessen, dass Werbeplätze weiter Konjunktur haben. Vom S-Bahnhof Potsdamer Platz bis zur Neuen Nationalgalerie zieht sich eine Reihe von neuen Werbeboxen der Firma Wall. Darin drehen sich zwei Platzhaltermotive, elektronisch getaktet und 24 Stunden lang.
Um aber zum Schluss auf den Titel dieses Beitrags zurückzukommen, warum ich also Berlin trotz dieser tollwütigen Besetzungen öffentlicher Räume irgendwie mag: Weil es Orte gibt, die nicht von oben bis unten gekauft wirken. Und weil es Menschen gibt, die die Botschaft von Werbung immer wieder ins Abseits stellen.
Hier sind ein paar Bilder mit großen Gefühlen.
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