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Berlin brutal #8: Das Ostkreuz – Ein Trümmerfeld im Niemandsland

Eingestürzte Treppe am Ostkreuz - Foto: Henning Onken

In der zersplitterten Anzeigetafel am Ostkreuz liegt eine leere Bierflasche. Vielleicht hat sie ein wütender Fußball-Fan geworfen oder einfach jemand den Mülleimer verpasst. Es wird sich nicht mehr klären lassen, denn am Bahnsteig F verkehren die Züge seit mehr als zehn Jahren nur noch in einer Richtung. Das andere Gleis wächst langsam zu und verschwindet, wie alles am Ostkreuz: Die Ketwurst-Buden, die eine Ost-Berliner Erfindung waren, der kleine Blumenladen eines Asiaten, oder ein “Frisör für den Herrn”, der schon vor Jahrzehnten seine Tür für immer schloss.

Der Bahnhof verfällt und entsteht gleichzeitig im laufenden Betrieb von innen heraus neu. Wie das bei 140.000 Fahrgästen am Tag funktionieren soll, erklärt die Bahn auf Plakaten: “Es ist kein Kinderspiel, aber jetzt geht es am Ostkreuz richtig los!” Wir dürfen gespannt sein. Im Januar stürzte eine Backsteinmauer auf eine Treppe, über die Reisende das Ostkreuz Richtung Hauptstraße verlassen. Seitdem zeigen Bahn und die Bezirksämter von Friedrichshain und Lichtenberg mit dem Finger aufeinander und lassen die Trümmer liegen. Bestimmt kein Kinderspielplatz.

Zehn Jahre Chaos

Umgebaut werden soll das Ostkreuz schon seit knapp hundert Jahren, doch durch diverse Staatskrisen und Kriege wurde immer nur ausgebessert. Hier ein neuer Bahnsteig, dort eine Fußgängerbrücke. Deshalb entsteht jetzt ein ganz neuer Bahnhof. In ungefähr zehn Jahren soll der Bahnhof dann in Glanz und Gloria wieder auferstehen, verspricht die Bahn. Keine Trümmer mehr, keine streng riechenden Gänge, kein Labyrinth-Laufen und endlich Aufzüge für Eltern mit Kinderwagen und Behinderte.

Wenn die Rechnung der Stadtplaner aufgeht, werden noch mehr Menschen diesen Bahnhof passieren, die Geschäfte voll sein und die Mieten im Kiez um Sonntag- und Neue Bahnhofstraße hoch. Am Ostkreuz steigt man aus, um zu feiern, um einzukaufen. Der ein oder andere wird sich in dem neuen Glitzerbahnhof daran erinnern, wie es hier vor dem Umbau aussah. Vielleicht wird er den Motz-Verkäufer vermissen oder den kleinen Blumenladen. Oder sich am Ende eingestehen, dass es ein Kreuz war mit dem alten Rostkreuz, aber eines, das man gerne trug.

Bilder vom Ostkreuz
Ostkreuz-Blog zum Umbau

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6 Kommentare zu “Berlin brutal #8: Das Ostkreuz – Ein Trümmerfeld im Niemandsland”



  • Was nehmen wir nicht alles kommentarlos hin! Ich finde wichtig, was Ihr tut: Ihr benennt die unmöglichen Zustände, regt zum Nachdenken an… Wie kommen aber Verantwortliche, die am Hebel sitzen, an wirklich gute Ideen zur Aufhebung von Missständen und zur Verbesserung der Zustände? Nehmen sie diese überhaupt wahr? Ich vermute, als Erklärung kommt es wieder auf den Spruch hinaus: “Geld regiert die Welt.” Oder: “Money makes the world go round.”


  • das argument mit den billigen mieten trifft wahrscheinlich zu, aber das ist halt für berlin bezeichnend. die stadt verändert sich schneller, als glauben möchte. eine chance für andere stadtteile wie zb kreuzkölln ist ein versnobtes friedrichshain allemal.

  • Jutta Malström


    Billige Mieten?
    So billich, dass die Schere immer mehr auseinander driftet.

    Und diese “versnobten” Friedrichshainis finde ich gelinde gesagt zum kotzen.


  • Liebe Jutta Malström,
    was wollten Sie mit ihrem Kommentar eigentlich ausdrücken? Ich versuche mich mal in der Analyse:
    So billich, dass die Schere immer weiter asueinanderdriftet:
    Wollen Sie sagen, dass es jetzt ganz teure Wohnungen gibt und deswegen die Schere auseinanderdriftet? Die kann ja nur auseinanderdriften, wenn es auf der anderen Seite billige Wohnungen gibt. Wenn es nur noch teure Wohnungen gäbe, würde die Schere sich nämlich schließen.
    Und diese “versnobten” Friedrichshainis finde ich gelinde gesagt zum kotzen:
    Wollen Sie sagen, dass alle Friedrichshainis (sehr süßer Begriff übrigens) versnobt ergo zum Kotzen sind oder wollen Sie sagen, dass der versnobte Teil der Friedrichshainis zum Kotzen ist. Sollten Sie letzteres meinen, kann ich mich dem sogar anschließen.
    Allgemein möchte ich Ihnen den Rat geben, den man bei jeder Äußerung beachten sollte: Versteht bei dieser Formulierung mein (unbekanntes) Gegenüber, was ich sagen will? Weiß ich selber, was ich sagen will? Kann ich mein Anliegen verständlich formulieren? Wenn nicht: einfach mal warten, bis die Gedanken sortiert sind und dann sagen oder schreiben.

    Herzlichst Nicolas


  • Auf dem Ostkreuz bewirkt ein Bierflascheneindruck mehr als ein Wohltätigkeitsball der Spice Girls in jungen Jahren.


  • @steffen voigt: welch weise worte!

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  • Thomas Feirer: echt coole Bilder …
  • Anonymous: achso hier meine email adresse zero88-denis@web.de
  • Anonymous: echt bei dir geht das noch? zu silvester wollen paar leute und ich schön gemütlich auf ein dach feiern ist...
  • Aileen: Ich hab mal ne frage: wo genau ist der Markt und hat der auch sonntags auf? lg
  • Ilse Fuehrhoff: Es gibt in Berlin tatsächlich noch sehr viele, eigentlich ungeahnt viele Hausfassaden oder auch...

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