Den nachrichtlichen Wert dieses Beitrags zuerst: Es sind wieder Bäume gefallen, am Landwehrkanal, diesmal 22. 22 gefällte Bäume, rund 150 Polizeibeamte und etwa zwanzig protestierende Anwohner, so die vorläufige Bilanz der heutigen Aktion am Landwehrkanal zwischen Reichpietschufer und Hobrecht-Brücke.
Es gießt in Strömen, trotzdem haben sich auf der Brücke an der Brachvogelstraße etwa acht Anwohner versammelt, die fassungslos auf die beiden im Wasser treibenden Baumstämme blicken. Gleich gegenüber von der Stelle, an der sich Mo, die wilde Camperin niedergelassen hat, hat das Wasser- und Schifffahrtsamt heute morgen zuerst die Sägen angesetzt. Das Polizeiaufgebot ist recht überschaubar, lediglich ein Mannschaftswagen mit beschlagenen Fensterscheiben steht vor der Brücke. “Kommt doch noch mit zur Hobrecht-Brücke”, ermuntert eine der Anwohnerinnen ihre Mitstreiter. Dort sollen ebenfalls Bäume gefallen sein. Die kleine Gruppe besteigt ein Taxi, zwei Männer schnappen sich ihre Fahrräder und radeln kanalabwärts Richtung Neukölln.
Mittagszeit am Maybachufer, es regnet nicht mehr. Die Polizisten langweilen sich. Acht Wannen bei zwanzig Protestierenden – die Beamten “machen Mittag”. Ein Kantinen-Mitarbeiter verteilt Erbsensuppe, ein lauer Morgen für die sonst gestresste Berliner Polizei. Eine Kita-Gruppe mit Bollerkarre freut sich über das Polizeiboot Charlottenburg, das die Aktion vom Wasser her absichert. “Hallo Bootsfahrer”, ruft ein kleines Mädchen immer wieder und kann sich nicht einkriegen. Der Kapitän winkt gerührt zurück.
Für die Presse scheint der Besuch ebenfalls weniger ergiebig. Der RBB ist mit einem Ü-Wagen vor Ort, die Abendschau hat ein Filmteam geschickt. Schwer, die zwanzig Anwohner so zu filmen, als seien es 200. Dass es wichtig ist, immer wieder über die Anwohner-Initiative zu berichten, daran besteht kein Zweifel. Um die gefällten Bäume scheint sich außer den Männern vom Wasser- und Schifffahrtsamt zu dem Zeitpunkt jedoch niemand mehr zu scheren. Sie zersägen die Baumstämme, um sie dann später per Boot abzutransportieren.
Diesmal hatten sie wohl ausnahmsweise ne Genehmigung dabei?
Hi,
ich arbeite mit deiner Mitbewohnerin Lorna. Sie hatte mir deinen Blog empfohlen.
Schickes Teil. Gut geschrieben. Wollt ich nur sagen.
was für eine typische Berlinbehördenignoranz. irgendwann hören alle auf sich so eine lüge auftischen zu lassen, die bäume seien schuld. die wasserschiffahrt ist mit ihren massentransporten dafür verantwortlich. zuviele boote lockern alte gemäuer unter wasser. da diese nicht renoviert werden, weil kein geld da ist,glauben die bäume daran.
brauchen wir so viele boote auf diesem schmalen kanal?
Das ist unglaublich. Sag mal, sind wir zurück im Kalten Krieg? es wird keine Mauer gebaut – es werden keine Bäume gefällt. Ich frage mich auch, wer diese Leute vom Schiffahrtsamt eigentlich dazu ermächtigt hat? – Jeder wusste doch, wie sehr die Berliner an diesen wenigen schönen Flecken Berlins hängen.
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