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Archiv für das 'Umsonstökonomie'-tag

Unbezahlbar: Wie Umsonstläden unser Denken herausfordern

Schenkladen in Friedrichshain

Ein Nachbar hat sich über eine “Verslummung” unseres Hofs beschwert.  Ständig müsse er hinter Leuten her räumen. Tatsächlich ist die Auswahl an ausrangierten Monitoren und Fernsehern inzwischen so groß,  dass der Kieztausch hier nicht mehr funktioniert. Wer will schon einen knisternden Bildschirm haben, der Unmengen an Strom frisst?

Keine zwei Straßen weiter gibt es einen Laden, der Abhilfe schaffen könnte. “Bitte keine Sachen vor die Tür stellen”, steht auf einem Schild an der Eingangstür. Der Schenkladen Systemfehler in der Scharnweberstraße nimmt Sachen an, die zu schade zum Wegwerfen sind, und andere noch interessieren könnten: Kleidung, Bücher, Schuhe, aber auch gut erhaltene Elektrogeräte.

Natürlich sei es bequemer, altes Zeug einfach in den Hof zu karren, sagt Alexandra, 21. Die Sozialpädagogik-Studentin ist eine von 15 “Schenkis”.  “Aber kann man halt nicht sicher sein, ob es jemand haben will.”

081121-diverse-bilder-837-2 Der Laden verfolgt durchaus einen erzieherischen Anspruch: Alte Pullover, Skistiefel und Wasserpfeifen müssen Spender selbst in die dafür vorgesehenen Regale einsortieren, oder an Kleiderstangen hängen, die fast bis zur Decke reichen. “Wir schließen hier nur auf”, stellt Steven, ein Theologie-Student mit Dreadlocks und Wollponcho klar. “Organisieren muss sich der Laden selbst.”

Ob Besucher mehr als die fünf erlaubten Teile mitnehmen, überprüfen Alexandra und Steven nicht. Es wäre zwar ärgerlich, wenn jemand Sachen einfach bei Ebay weiter verticken würde – aber nachvollziehen lasse sich das eh nicht. Entscheidend sei, dass sich Leute Gedanken über ihre Konsumhaltung machten. “Es geht hier um etwas anderes als um Geben und Nehmen und Druck”, sagt Steven.

Eine Familie verabschiedet sich freundlich, der Mann schleppt einen nagelneuen Mini-Döner-Grill aus dem Laden. “Hätten wir nie gekauft, aber wenn den keiner haben will…” Richtige Ladenhüter sind im Umsonstladen ausgerechnet Monitore: “Nehmen wir nicht mehr an”, sagt Alexandra. Auf einer Holzempore stehen mindestens acht Geräte.

Armes Friedrichshain, eine Abwrackprämie für diese Art von Elektroschrott wäre echt toll.

Schenkladen Systemfehler in der Scharnweberstraße 29 in Friedrichshain
Umsonstladen in der Brunnenstraße 183 in Mitte
Fotos aus Friedrichshain

Verschenke-Ecken: So einfach ist der Kieztausch

In der Ohlauer Straße in Kreuzberg hat jemand diese Verschenke-Ecke vor einen Hauseingang gemalt. Sie ist leer, doch eigentlich dafür gedacht, dass Nachbarn hier miteinander tauschen. Damit ausgelesene Bücher, Spielzeug oder zu knapp gewordene Klamotten nicht in der Tonne landen, wie so oft.

Es gibt einige Stellen in Berlin, an denen ähnlich gewirtschaftet wird: Umsonstläden, Freeboxen oder der Nachbar, der seine Wlan-Station für fremde Computer öffnet.

Leider werden diese Orte oft missbraucht, um Schrott loszuwerden: Computer aus dem letzten Jahrhundert, Lumpen und versiffte Matratzen verwandeln gut gemeinte Initiativen in Müllhalden. Selbst die verschlossenen Kleiderboxen des Roten Kreuzes werden umgekippt und rücksichtslos geplündert. Zurück bleibt ein Schlachtfeld und eine Frage: Welche dieser Plätze funktionieren eigentlich? Und brauchen wir mehr davon?

Rezepte gegen den Kaufrausch

Waschmaschine in der Rigaer StraßeNach der irrwitzigen Shopping-Center-Eröffnung am Alexanderplatz muss die Frage erlaubt sein, ob es noch andere Wege gibt, sich seinen Hausrat zu beschaffen, als mitten in der Nacht wie eine Horde Vandalen ein Kaufhaus zu stürmen. Es gibt sie, aber einfach ist es nicht: “Wäscht noch, dreht langsam, bleibt manchmal im Programm stehen”, steht an einer verlassenen Waschmaschine in der Rigaer Straße. Ein alter Videorekorder ist auch noch zu haben. Wer in Friedrichshain seinen Müll loswerden will, stellt ihn einfach vor die Haustür – vorzugsweise nachts.

Eines späten Abends wäre mir dort beinahe ein Teppich auf den Kopf gefallen. Die Rolle knallte fünf Meter vor mir auf den Gehsteig und verbreitete eine beträchtliche Staubwolke. Dem Werfer war seine Aktion anscheinend peinlich, denn in dem geöffneten Fenster der dritten Etage rührte sich nichts. Da hatte sich wohl jemand neue Auslegware im Baumarkt geholt und keine Lust, mit dem alten Teppich die Treppen hinab zu laufen, ihn in kleine Stücke zu schneiden und damit die Hausmülltonnen dicht zu stopfen.

Zweite Chance beim Nachbarn

Vieles von dem, was auf der Straße landet, bekommt in der Nachbarschaft eine zweite Chance. Die halb kaputte Waschmaschine hat sich wahrscheinlich ein findiger Familienvater wieder funktionsfähig geschraubt und auch der vom Himmel gefallene Teppich entpuppte sich auf den zweiten Blick als fast ohne Fehl und Tadel. Wer weiß – vielleicht macht der Teppichwerfer bei Freunden eine überraschende Entdeckung auf dem Fußboden.
Doch was für die meisten ein Müllproblem darstellt, und für einige ein sinnvoller Austausch von Haushaltsgegenständen erscheint, ist in jedem Fall illegal. Kaputte Elektrogeräte wie Föhne, Rasierapparate dürfen nicht einmal in den Hausmüll geworfen werden. Die Stadtreinigung BSR nimmt aber bis zu 20 Geräte kostenlos an. Möglich ist das auf den 15 Recyclinghöfen in der Hauptstadt. Laut Umweltsenatorin Ingeborg Junge-Reyer werden in Berlin jedes Jahr 10.000 Tonnen verwertbare Elektrogeräte weggeworfen. ‘Rezepte gegen den Kaufrausch’ weiterlesen

Neue Kommentare

  • Thomas Feirer: echt coole Bilder …
  • Anonymous: achso hier meine email adresse zero88-denis@web.de
  • Anonymous: echt bei dir geht das noch? zu silvester wollen paar leute und ich schön gemütlich auf ein dach feiern ist...
  • Aileen: Ich hab mal ne frage: wo genau ist der Markt und hat der auch sonntags auf? lg
  • Ilse Fuehrhoff: Es gibt in Berlin tatsächlich noch sehr viele, eigentlich ungeahnt viele Hausfassaden oder auch...

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