Schnell und lecker, aber gesund: Auf der Suche nach Imbissbuden in Berlin hinterlässt die Aufregung um Gammel-Döner, Rinderwahn und Vogelgrippe Spuren. Wo können wir noch guten Gewissens Fastfood essen?
“Zweimal Chickenburger mit Pommes”, ruft Thomas Reichel zwei Gäste heran, dreht sich dann schnell wieder um und bestückt die nächste Bestellung. “Burgermeister” ist quer über seinem Rücken zu lesen. Sind wir in einer der kleinen Frittenbuden gelandet, die der Kiez um den Görlitzer Bahnhof bietet? Nein, wohl eher in einem trendigen Burger-Bistro, könnte man meinen, denn das Yellow Sunshine in der Wiener Straße ist auf sonniges Holzambiente getrimmt.
‘Fleisch-analog-Schiene’ am Görli’
Vor einigen Jahren war hier noch ein Head- und Growshop, der bis zu seiner Pleite Hanf-Liebhabern Tipps zur Bewässerung ihrer Plantagen gab. Was hier heute am besten läuft, sind Burger, Currywürste und Pommes - Junk Food eben, zumindest von außen betrachtet. Alle Gerichte sind vegetarisch, teils sogar vegan, und das Gros der Zutaten hat Bio-Zertifikate.
“Wir sind die Ersten, die das ‘Fleisch-analog-Ding’ richtig durchziehen”, sagt Björn Kruse, der das Bistro gemeinsam mit Reichel gegründet hat. Vom Kochschinken bis zum Käse ist tatsächlich alles vegetarisch und spielt mit dem Fake, wenn Namensbildungen aus der Mac- und Whopper-Welt leicht abgewandelt übernommen werden: “Double-Chicken-Cheese-, Fakin’ Fish- oder Miss-Piggy-Burger” heißen einige der Kreationen, die sich aus allem kombinieren können, was der Garten hergibt. Soweit ganz originell, aber wie schmeckt das Kunden von Burger King?
“Schnell mal in Ruhe gut essen”
Bei dieser Frage entfährt den beiden Kreuzbergern ein Grinsen, denn oft bringen Gäste Verwandte und Freunde mit, die “Bauklötze staunen” über die Tatsache, dass sie gerade fleischlos satt geworden sind. Fastfood sei nicht per se schlecht, sondern in Deutschland durch das ungesunde Angebot der großen Burgerketten schlecht besetzt. Aber schnell mal in Ruhe gut und günstig zu essen, sei ja nicht verkehrt . Ihre Strategie läuft darauf hinaus, dass “Bio” endlich erschwinglich wird und nicht weiter einer kleinen Bevölkerungsschicht mit hohen Monatseinkommen vorbehalten bleibt.
Ein bisschen bürgerbewegt ist die Vega-Burger-Idee dabei auch. Der 31-jährige Kruse und sein 35-jähriger Kompagnon haben beide in Berliner Wagenburgen gelebt und den Gedanken auf ein selbstbestimmtes Leben nicht ganz aufgegeben. “Ich weiß, dass ich mich dem Kapitalismus nicht entziehen kann”, sagt Björn. Aber mit Geld könne man eben auch Dinge in eine Richtung bewegen, die weniger Schaden anrichte: Lokale Bezüge aufbauen, bei Bauern aus dem Umland kaufen - so bleibt Geld eher im Kiez. Wahrscheinlich fühlt man sich auch besser, wenn man nicht daran mitwirkt, dass für gefräßige Viehherden Regenwälder vernichtet werden.
Umdenken auch bei der Konkurrenz
Dass Masse nicht in jedem Fall Klasse ersetzt, beweist auch die Hackfleisch- Konkurrenz, nur wenige hundert Meter vom Yellow Sunshine entfernt. Im Kreuzburger in der Oranienstraße 190 bekommt man gegen 80 Cent Aufschlag Fleisch von Neuland-Höfen, auf denen Tiere artgerecht gehalten werden. Ist Fleisch von “glücklich gehaltenen Tieren” eine Ausweichstrategie, mit der in den nächsten Jahren die Masse der Menschen an ihrem Fleischkonsum festhalten will? Ein gesundes Tier kann nicht krank machen, scheint hier der Anspruch.
Trotzdem könnte es passieren, dass irgendwann die hohen Folgekosten der Tierhaltung in Form von Epidemien und Umweltschäden den Nutzen übersteigen. Dann würden sicher auch mehr Berliner in einen Soja-Burger beißen und vielleicht sogar den kleinen Unterschied zu früher vergessen. Wie können wir also sorglos Fastfood essen? Im Kiez um den Görlitzer Bahnhof liegen die Antworten dicht bei einander.
Ohne Fleisch verteidigen zu wollen, ich dachte die Sache, woher ein Großteil des Sojas kommt und mit welchen Methoden das angebaut wird, hätte sich schon herumgesprochen…
http://de.wikipedia.org/wiki/Sojabohne
@Nicolas: ja, die Regenwald-Abholzung ist in der Tat ein Problem. Aber wenn wir dem oben Wiki glauben können, wird südamerikanisches Soja vorwiegend als Futtermittel nach Europa exportiert - also um das, was als Burger verpanscht auf dem Teller landet, vorher zu mästen. Wenn man dann bedenkt, dass 99 Prozent des argentischen Sojas genetisch verändert ist, dann werden die Fleischfrikadellen doppelt ekelig. Aber nur zu: ne doppelte Portion Eiweiss hat keinem geschadet…
Ach herrje, vergane Burger Ich war schon länger nicht mehr bei McDonalds, gestern nacht aber haben wir dem neuen Kreuzberger McDonalds einen Solidaritätsbesuch abgestattet und wir waren begeistert: So gut wie in Kreuzberg morgens um 5 hat der BigMac schon eine Weile nicht mehr geschmeckt. Und auch von der Lage her allererste Wahl an der Wrangelstraße. Wenn ich mich entscheiden soll zwischen Döner und Burger fällt meine Wahl im Zweifelsfall immer auf den Burger, ist dieser doch kulinarisch deutlich ausdifferenzierter als das immergleiche Arab-Food. Dass irgendwelche letzten linken Studenten den Joint auf die Seite legen und aus ihren WG-Höhlen kommen um gegen die böse US-Kette zu demonstrieren erzählt nur von der politischen Stumpfheit dieser Leute. Gäbe es doch genügend Dinge, gegen die tatsächlich demonstriert werden sollte - aber nicht über McDonalds in der Döner-Einheitszone. Im Gegenteil: Freuet Euch!