Berlin, Behrenstrasse. Von der Hektik der Parallelstraße Unter den Linden ist nicht viel zu spüren. Vor dem Konsulat der Russischen Föderation dreht ein Polizist gelangweilt seine Runden. Verstärkung braucht er offensichtlich keine. Die Wartenden wirken unscheinbar, genauso wie das Gebäude. Ein grauer Klotz, der mit dem Prunkbau der ehemaligen sowjetischen Botschaft wenig gemein hat.
Ein kleiner, schnauzbärtiger Beamter lenkt die erste Gruppe durch den Eingangsbereich zur Sicherheitsschleuse. Vorher kontrolliert er ihre Papiere. Sein Kollege im Warteraum, der wortlos Wartenummern ausgibt, scheint weniger eifrig. Das Eishockey-Spiel im Fernsehen ist spannender als die Konsulatsbesucher in ihren armseligen Regencapes. Der Warteraum erinnert an ein altes Postamt. Beamte sitzen abgeschottet hinter Glasscheiben und brüllen in Mikrophone – in einer Lautstärke, die viele Leute am Schalter erst einmal irritiert. Die Wartenden im Saal werden unfreiwillig Zeugen sehr persönlicher Angelegenheiten. Mitleidige Blicke werden ausgetauscht; schließlich könnte jeder jetzt da vorne stehen.
Die Leute am zweiten Schalter sind deutsche Einreisewillige. Ein Messevertreter, der nach Moskau will, Studenten, die einen Sprachaufenthalt planen. Der Messevertreter kann froh sein, überhaupt vom Pförtner eingelassen worden zu sein: “Sie haben keine Einladung von ihrem russischen Partner? Sie kommen morgen wieder!”, fertigt ihn die Beamtin ab. Die Studenten werden dagegen freundlich behandelt, ihre Unterlagen sind vollständig: “Wann wollen Sie das Visum haben?”, fragt die Dame hinter dem Schalter. “So schnell wie möglich, wenn …”, doch bevor der Student fortfahren kann, unterbricht ihn die Beamtin: “Also heute, ist am teuersten!”
Schalter drei nimmt Sendungen von Kurieren entgegen – Zusteller und Beamter kennen sich, größere Umschläge werden ausgetauscht. Einer der Kuriere muss eine Empfangsbestätigung ausfüllen, findet jedoch seinen Kugelschreiber nicht. “Sie haben doch meinen Stift, den roten Parker-Kuli”, verdächtigt er den Konsularbeamten. “Nein, aber hier haben sie einen roten Stift, Geschenk der Kommunistischen Partei”, schallt es aus dem Lautsprecher zurück.