Sie arbeiten in Suppenküchen, sanieren Gebäude, graben Gärten um: Freiwillige aus der ganzen Welt. Von Aktion Sühnezeichen bis hin zu den Internationalen Jugendgemeinschaftsdiensten (IJGD) – die Liste der Organisationen, die in Berlin internationale Freiwilligendienste veranstalten, ist lang. Auch der Service Civil International (SCI) hat in diesem Sommer wieder Workcamps organisiert. Ein Interview mit Merle Weißbach und Michael Götze von der Berliner Lokalgruppe des SCI, das ich per E-Mail geführt habe.
Was genau ist ein Workcamp?
Ein Workcamp ist ein zwei- bis vierwöchiges internationales “Arbeitslager”, in dem etwa zehn bis 15 Menschen aus aller Welt zusammen in einem gemeinnützigen Projekt aktiv sind. Ziel ist dabei einerseits, im interkulturellen Miteinander Gemeinschaft zu erleben und ein Stück weit zu einem besseren Verständnis zwischen den Menschen beizutragen. Andererseits zielen Workcamps aber auch auf die Unterstützung eines lokalen Projektes. Diese Projekte können im sozialen, ökologischen oder kulturellen Bereich angesiedelt sein. Workcamp-Teilnehmer setzen sich in einem Study-Part inhaltlich mit dem Projektthema auseinander. Wir bemühen uns um umweltverträgliches, nachhaltiges Zusammenleben in den Camps.
Wer kann teilnehmen?
Der SCI-Deutschland hat Zweige und Partnerorganisationen in über 30 Ländern weltweit, in deren mehr als 1000 Camps wir Freiwillige vermitteln. SCI-Camps sind für jeden offen. Innerhalb Deutschlands liegt die Altersgrenze bei 16 Jahren, um ins Ausland vermittelt zu werden, muss man 18 sein. Nach oben ist die Grenze meist offen, es gibt aber auch spezielle “Mixed-Ages”-Camps. Kinder können in viele Camps mitgenommen werden.
Welche Projekte finden in diesem Jahr in Berlin statt?
In Berlin gab es diesem Jahr sieben Camps, von denen vier von der Berliner Lokalgruppe organisiert wurden: Mit der Organisation mob e.V. (Obdachlose machen mobil), bekannt durch die Straßenzeitung “Strassenfeger”, haben wir ein Camp in Prenzlauer Berg organisiert, in dem Teile der Obdachlosen-Notunterkunft renoviert wurden. Auf dem Gleisdreieck haben wir gemeinsam mit den “Interkulturellen Gärten” und zumeist bosnischen Frauen ein Camp auf die Beine gestellt. Es wurde ein Lehmofen überdacht, eine Kompost-Toilette gebaut und bewegliche Pflanzenkübel gezimmert. Studienteil waren hier interkulturelle Gemeinschaftsgärten in Berlin und anderswo. Ein anderes Camp fand in Wernsdorf außerhalb von Berlin statt, in einem ehemaligen Volkspolizei-Ferienlager. Dort wurden Fassade und Eingang renoviert, Holz gehackt und gestapelt. Unser viertes Camp läuft noch, und zwar im buddhistischen Zentrum “Bodhi Charya” in Friedrichshain, wo es neben Bauarbeiten einen Studienteil zu interreligiösen Dialog gibt.
Klingt nach harter Arbeit. Kommen die Leute wirklich zum Arbeiten – wollen viele nicht einfach billig Urlaub in Berlin machen?
Nein, das glaube ich nicht. Sicher kommen viele, weil sie sich auf eine erfüllte Zeit in einer internationalen Gruppe freuen. Für viele Teilnehmer ist es außerdem eine einmalige Chance, ein fremdes Land kennen zu lernen. Das Tolle am Workcamp ist, dass die verschiedenen Motivationen verbunden werden können – “Der beste Weg, Menschen kennen zu lernen, ist gemeinsame Arbeit” – helfende Arbeit im Projekt und Spaß dabei, interkultureller Austausch, Land und Menschen entdecken… Viel spannender, als ein Land nur durch Sightseeing und Strandliegen kennen zu lernen.
Profitieren die Kiezbewohner von den Projekten, werden sie einbezogen?
Ja, das ist eines unserer Ziele – der Austausch mit der lokalen Bevölkerung. So zum Beispiel in Prenzlauer Berg, wo die Workcamp-Teilnehmer im Jugendzentrum Atelier89 umsonst wohnen durften. Sie trafen so Jugendliche aus dem Bezirk – bei einem gemeinsamen internationalen Essen und gemeinsamen Abenden. Beim Projet “Interkulturelle Gärten” haben wir gemeinsam mit den Aktiven der AG Gleisdreieck und den Gärtnerinnen am Ende ein großes Gartenfest veranstaltet. Außerdem gab es auch in diesem Jahr eine Workcamp-Party mit mehr als 300 Besuchern, im RAW-Tempel in Friedrichshain.
Website:
Service Civil International e.V.
Lokalgruppe SCI Berlin
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