Nachtschicht für Berlins 24-Stunden-Gesellschaft

Nachtschicht auf der Baustelle

Sie flicken Straßen, wischen Bahnhöfe oder legen Platten in verrauchten Clubs auf. Ihre Brötchen kaufen sie auf dem Nachhauseweg und gehen nach dem Frühstück schlafen. Nachtarbeit. Wer Glück dabei hat, kann sich mit einem saftigen Zuschlag darüber hinwegtrösten, am Wochenende nicht mehr auf dem Flohmarkt stöbern zu gehen. Nicht einfach auch, sich vor der Sonne verbergen zu müssen, um Schlaf zu finden - wenn einen die Nachbarn denn lassen und das Telefon abgestellt ist.

Wir begegnen ihnen, wenn wir unsicheren Schrittes aus einem Club kommend auf den Nachtbus warten oder ein Taxi heranwinken. Wir gehen an ihnen vorüber, wie an diesem Bauarbeiter in der Leipziger Straße in Mitte. Wann denkt der eigentlich an Party? Auch der Pförtner, an dem ich allabendlich vorbeikomme, schaut stets mit dem gleichen ungerührten Blick kurz von seiner “B.Z.” auf und ist dann wieder allein. Wenn am Morgen die Welle des Berufsverkehrs anrollt, fällt er ins Bett.

Großstadt oder Vorstadt der hochgeklappten Bürgersteige?

Nachtarbeit. Muss das sein, müssen wir 24 Stunden sieben Tage in der Woche shoppen gehen, wie in einem Wilmersdorfer Supermarkt? Ja, zum Teufel, alles andere wäre die Vorstadt der hochgeklappten Bürgersteige, sagt eine Freundin voller Abscheu. Wo steht geschrieben, dass ein Mensch tagsüber arbeiten und nachts schlafen soll? Lasst uns Berlin künstlich ausleuchten, damit sich der Biorhythmus umstellt und die alte Lärmschutzverordnung kippen. Dann sind die Schulden der Hauptstadt schneller abgearbeitet und die Stadt bekommt einen neuen Standortvorteil.

Das ist wahrscheinlich Unsinn. Genau wie die Vorstellung mancher Kreativlinge, man könne nur nachts vor dem Laptop hocken, um Texte wie diesen zu schreiben. Gute Nacht!

Fotostrecke: Berlin bei Nacht

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3 Antworten zu “Nachtschicht für Berlins 24-Stunden-Gesellschaft”


  1. 1 frank schiller Sep 28th, 2007 at 09:43

    ach, es gibt bestimmt schlimmeres, als zu bloggen.. coole fotos!!
    gruß aus tempelhof
    frank

  2. 2 Dorothee Kast Sep 28th, 2007 at 15:41

    Gut dass in Berlin die Busse so regelmäßíg fahren. Ich wollte letztens von einer Party nach Hause - bin gerade in Sibirien - und musste zu Fuß gehen, weil die Kleinbus-Unternehmer, die hier die Öffentlichen ersetzen, an dem Abend einfach keine Lust mehr hatten. Irgendwie ist das in D. doch alles berechenbarer.

  3. 3 Peter Seeberger Sep 29th, 2007 at 18:45

    By the way, die ALEXA steht nicht an der Köpenicker Strasse…

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