Schon wieder ist dieser Altkleidercontainer in der Liebigstraße umgekippt und geplündert worden. Zerschlissene Jeans, Pullover aus den 70er Jahren und ein Paar Pumps, die meiner Großmutter hätten gehören können, liegen verstreut darum herum.
Wer tut so etwas? Kinder ohne Taschengeld? Jugendliche, die hoffen, ein seltenes T-Shirt von Nike zu finden? Oder Punks, die gleich noch ein paar Löcher mehr in die kaputte Hose schneiden? Wahrscheinlich haben sich hier Menschen bedient, die unter dem Radar unserer Versorgungssysteme leben und das Plündern von Containern gewohnt sind. Hinter vielen Supermärkten etwa stehen unverschlossene Behälter mit Lebensmitteln, die oft noch gut essbar sind.
Es sieht jedenfalls ganz so aus, als wolle der Kiez diese Klamotten nicht hergeben. Vielleicht würde es helfen, wenn hier ein Regal aufgestellt würde, aus dem sich die Nachbarschaft offen bedienen kann. An einigen Stellen in Berlin gibt es bereits diese “Freeboxen”, wie etwa in der Schliemannstraße in Prenzlauer Berg oder vor dem linksalternativen Wohn- und Kulturprojekt Köpi in der Köpenicker Straße in Friedrichshain. Problem ist hier allerdings, dass diese Art Kieztausch-Projekte ohne helfende Hände leicht als Entsorgungsstellen missbraucht werden - also mit Dingen zugemüllt werden, wirklich niemand mehr haben will.
In Berlin konkurrieren mehrere Organisationen um alte Textilien, deren Entsorgung im Hausmüll verboten ist. Humana stellt seit 1990 Container vor Supermärkten und Wohnhäusern auf, gilt jedoch als umstritten. Kritiker unterstellen dem “Imperium der Kleidersammler” Nähe zu einer Sekte. Inzwischen unterhält Humana auch mehrere große Second-Hand-Läden in Berlin. Mit Containern vor Supermärkten ist auch die Firma Contex präsent, die auf eine “gewerbsmäßige Erfassung” ihrer Sammlung aufmerksam macht. Das Deutsche Rote Kreuz verteilt Kleiderspenden an Obdachlose oder bringt die Textilien in Katastrophengebiete.