“We are in Berlin. Now we in Alex. Plats.” Kurze Mitteilung per E-Mail, morgens um sieben. Der Autor offenbar ein Bekannter meiner Schwester aus Sibirien. Ich hatte zwei Frauen erwartet, aber egal. Wenig später saßen fünf erschöpfte russische Studenten am Küchentisch. Ob das Wasser teuer sei in Deutschland, fragte der eine. Sie hätten nämlich fünf Tage lang nicht duschen können. Nicht in Nowosibirsk, wo sie Zwischenstation gemacht hatten, um das Visum abzuholen und auch nicht in Moskau. Dort waren sie nach 5642 Kilometern Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn in einen Bus Richtung Warschau umstiegen.
Die drei Mädels hatten genug von der tagelangen Herumsitzerei und wollten Berlin zu Fuß erkunden. Die Fahrtkosten für die S-Bahn würden sie sich sparen. So bummelten sie durch Neuköllner Antiquitäten-Läden oberhalb der Sonnenallee und huldigten - very berlinerisch - dem Konsum im Alexa Shopping Center. Und sie aßen Döner. Als ich ihnen später erzählte, was sie da zu sich genommen hatten, machten sie nur große Augen: “We like Döner.” Am nächsten Tag berichteten sie über die Entdeckung einer ganz exzellenten Döner-Bude gleich in meiner Straße..
Die Männer mochten ebenfalls Döner, hatten aber andere Pläne: “We go to Madrid”, verkündete Erdeny, der Autor der E-Mail, noch ehe er seinen Kaffee ausgetrunken hatte. Mit den Frauen hier zu fünft zwei Tage lang ein Zimmer zu teilen, sei nichts. Wann denn ein Flugzeug nach Madrid gehe. Madrid war ausgebucht, Paris und Amsterdam zu teuer. Gegen Mittag bestiegen die beiden Jungs einen Zug nach Dresden.
“Berlin is a very friendly city”, sagte Tuyana, die für die anderen Frauen dolmetschte. Ob es denn in Berlin keine Skins gebe? In Moskau seien sie als Burjaten schlecht behandelt worden. “Die dachten, wir seien Chinesen und keine Russen.” Ich verzichtete darauf, ihnen von Freunden zu erzählen, die bestimmte Berliner Stadtteile wegen ihrer Hautfarbe nach Möglichkeit meiden und als Ausländer schlechte Erfahrungen gemacht haben. Mit Berlinern, mit dem Ausländeramt. Diese Besucher aus Sibirien waren so begeistert, dass ich ihnen die Freude an ihrem kurzen Berlin-Aufenthalt nicht nehmen wollte.









Nach der irrwitzigen Shopping-Center-Eröffnung am Alexanderplatz muss die Frage erlaubt sein, ob es noch andere Wege gibt, sich seinen Hausrat zu beschaffen, als mitten in der Nacht wie eine Horde Vandalen ein Kaufhaus zu stürmen. Es gibt sie, aber einfach ist es nicht: “Wäscht noch, dreht langsam, bleibt manchmal im Programm stehen”, steht an einer verlassenen Waschmaschine in der Rigaer Straße. Ein alter Videorekorder ist auch noch zu haben. Wer in Friedrichshain seinen Müll loswerden will, stellt ihn einfach vor die Haustür - vorzugsweise nachts.






