Tag Archiv für 'protest'

McDonald’s eröffnet - Na und?

“Mann, wann machen die endlich auf - gleich ist die große Pause vorbei!” Die Eröffnung der Kreuzberger McDonald’s Filiale interessierte allenfalls die Schüler des benachbarten Oberstufenzentrums. Umsonst waren sie angereist, die Leute vom RBB, die Fotografen. Keine Blockaden, keine Farbbeutel-Attacken. “Nicht mal Transparente sind entrollt worden”, sagte ein bärtiger Mensch zu einem Kollegen und packte seine Kamera weg.

Derweil rätselten Schüler, ob McDonald’s eine Franchise-Kette sei oder nicht. Und ob es sich auszahle, in Kreuzberg so ein Schnellrestaurant zu eröffnen. “Ey, die machen hier bestimmt voll das Geschäft.” Die Pommesbude in unmittelbarer Nachbarschaft wird das zu spüren kriegen, sicher. Aber ob die erklärten McDonald’s Gegner wirklich traurig sein dürften, wenn dem Besitzer dieses Imbisses die Kunden weglaufen? Falls er überhaupt welche hat?

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Bethanien: Freiraum weggerechnet?

Besetzer im Künstlerhaus Bethanien - Foto: Indymedia/Creative Commons

Abgebrochene Spritzen, Hundehaufen und Graffiti beklagte Christoph Tannert, Leiter des Künstlerhauses Bethanien, auf dem Gelände am Mariannenplatz und nannte im gleichen Atemzug die Hausbesetzer. Der Ruf des international renommierten Künstlerhauses stehe auf dem Spiel, wenn das Bethanien zu einer “Besetzerhochburg” werde, hatte Tannert bereits vor ein paar Tagen dem Tagesspiegel gesagt und mit dem Auszug des Künstlerhauses gedroht.

Die ungeliebten Nachbarn, die im Sommer 2005 den leerstehenden Südflügel des ehemaligen Diakonissen-Krankenhauses in Beschlag nahmen und das Bethanien vor allem als soziales und politisches Projekt begreifen, finden das weniger komisch. Die Vorwürfe seien “absurd”, der Leiter des Künstlerhauses unbeweglich. Die Schlammschlacht ist im vollem Gange.

Für das Projekt Bethanien insgesamt fatal, denn in den kommenden Monaten sollen die Weichen für die Zukunft gestellt werden. Bis Ende des Jahres muss der Runde Tisch zur Zukunft des Bethanien, ein Gremium aus Politikern, Nutzern und Anwohnern, ein Nutzungs- und Finanzierungskonzept erarbeiten, das den Senat überzeugt. Der ist Besitzer des Gebäudes und will ab 2008 jährlich “kalkulatorische Kosten” in Höhe von 800.000 Euro, eine Summe, die der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg als Verwalter unmöglich aufbringen kann. Diese fiktive Kapitalverzinsung bemisst sich nach dem “Wiederbeschaffungswert” des Gebäudes - nach einer Berechnung des Senats rund 32 Millionen Euro.

“Schmuddelkinder” im Südflügel?

Besetzter Südflügel des Bethanien - Foto: Henning OnkenNeben der Diskussion um ein Finanzierungskonzept für das Gebäude stehen Verhandlungen der Besetzer mit dem Bezirk über einen Mietvertrag im Raum. Die Hausbesetzer bewohnten das Gebäude auf Kosten des Bezirks und damit gesponsort vom Steuerzahler, lautete der Hauptvorwurf gegen die Leute aus der früheren Yorck59. “Die Verhandlungen mit dem Bezirk über einen Mietvertrag sind ins Stocken geraten”, so ihre Version der Geschichte. Verträge würden schon deshalb angestrebt, um eine dauerhafte Grundlage für das Hausprojekt zu schaffen. In der Yorckstraße gab es Verträge und ein Konto, auf das die Bewohner ihre Miete überweisen konnten.

Dass der Bezirk keine Mietverträge mit den Besetzern abschließen will, bevor ein Gesamtkonzept für das Bethanien steht, erscheint wenig verwunderlich. Sollten das Künstlerhaus und die Druckwerkstatt ernst machen und sich tatsächlich einen anderen Standort suchen, brechen dem Bezirk weitere Mieteinnahmen weg, die dringend gebraucht werden. Es würden sich schnell neue Mieter finden, glauben die Besetzer. Aber ob sich der Bezirk mit der vorübergehend ungeklärten Situation arrangieren kann?

Das Horrorszenario einer Privatisierung erscheint durchaus real. In unmittelbarer Nachbarschaft, im Block 100 (auch “Penny Block”), hat sich eine Anwohner-Initiative formiert, nachdem bekannt wurde, dass der Block an der Naunyn-Straße verkauft werden soll. Wer der Privatinvestor ist, wissen die Bewohner bis heute nicht.

Website New Yorck 59 im Bethanien
Initiative Zukunft Bethanien

Oberes Foto: Indymedia/ Creative Commons License

Klassenkampf am Klingelschild

Klassenkampf am Klingelbrett in der Lychener Straße in Berlin Prenzlauer Berg - Foto: Henning OnkenHerr Hepke, Frau Stumpe und das Ehepaar Schaarenberg haben zwei Dinge gemeinsam: Sie wohnen in einem unsanierten Altbau der Lychener Straße und werden am Hauseingang von Unbekannten zum Klassenkampf aufgerufen. Nanu, hat da jemand die Zeit zurück gedreht? Wir gründen Arbeiterräte und teilen die Stadt noch einmal neu auf. Ist die Mauer wieder da?

Wahrscheinlich hat dieser Spruch aber doch weit mehr Bezug zur Berliner Wirklichkeit im Jahr 2007. Dieser Tage hat unsere Stadtverwaltung den neuen Mietspiegel herausgegeben, der Mietern und Vermietern eine “Orientierung” geben soll, was sie für ihre Behausung bezahlen, beziehungsweise herausschlagen können. Leider sind Mieterverbände aus den Verhandlungen zu diesem alle zwei Jahre erscheinenden Zahlenwerk ausgestiegen. Sie werfen dem Senat vor, einen unakzeptablen “Vermieterspiegel” gegen den Willen der Mieter durchgesetzt zu haben. 900.000 Berlinern könnten durch die aktuelle Ausgabe Mieterhöhungen ins Haus flattern.

Vielleicht hat vor einiger Zeit ein Mensch von außerhalb einen der letzten unsanierten Flecken in Prenzlauer Berg entdeckt und sich in diesen Altbau verliebt. Genau genommen hat er sich wohl weniger in die Bausubstanz verguckt, als in die Entwürfe seines Architekten, die zu Hause in Stuttgart schon fertig auf dem Schreibtisch liegen und hier so prima passen könnten. Räume mit Fußbodenheizung, Dachgeschosswohnungen und restaurierter Stuck.

Und was machen jetzt Herr Hepke, Frau Stumpe und das Ehepaar Schaarenberg? Wenn nicht genug Geld in der Haushaltskasse ist, müssen sie sich vom Kachelofen verabschieden, der eingebauten Dusche und dem alten Boiler, der immer so lange gebraucht hat. Oder aber Klassenkampf - wer glaubt dran?

Fotostrecke Berliner Seitenblicke
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung: Mietspiegel 2007

Dicke Kreuzberger lechzen nach McDonald’s

Protest-Plakat gegen McDonald's in Kreuzberg - Foto: Anne Grieger

Wann kommt er endlich, der Kreuzberger McDonald’s? Als ich heute morgen am Görlitzer Park an diesem Plakat vorbeiradelte, traute ich meinen Augen kaum: Meinten die mit diesem Plakat wirklich Leute wie mich?

Zugegeben: Ich habe McDonald’s betreten, früher mal. Es gab Freunde, die gerne einen Milchshake tranken und wirklich nicht wie Filmschauspieler aussahen. Natürlich waren sie keine Kreuzberger, als richtiger Kreuzberger kann man nur mit Sonnenbrille getarnt in solche Burgerschuppen gehen. Oder in der Wiener Straße vegetarische Burger essen, die wirklich gut schmecken.

Für Wahlkreuzberger, die sich gegen die Eröffnung eines McDonald’s im Wrangelkiez stark machen, dürfte die Burger-Braterei mit dem gelben M wohl keine Bedrohung darstellen. Ungesunde Essgewohnheiten seien vor allem ein Problem der sozial Benachteiligten, so der Historiker und Publizist Paul Nolte. Gerade Kindern würde einiges zugemutet durch die “Dauerernährung in Schnellrestaurants”. Nolte, Mitauslöser der umstrittenen “Unterschichten-Debatte”, macht weniger große Konzerne als die Eltern selbst für diese Entwicklung verantwortlich. Ernährung als Bildungsthema also.

Doch sieht man einmal ab von der Tatsache, dass bestimmte (ohnehin benachteiligte) Gruppen angesichts der Eröffnungs-Angebote der Fastfood-Kette schwach werden könnten: Wie wird sich Kreuzberg, die letzte McDonald’s freie Zone verändern? Was, wenn sich der Burger-Konzern etabliert haben sollte? Werden andere Hackbräter und Hühnerfrittierer nachziehen? Argentinische Steakhouse-Ketten neben Döner-Schuppen? Ich weiß nicht.

Unter Verdacht - Andrej H., ein Terrorist?

Soziologen müssen wie “Läuse im Pelz” sein: Kritisch und hartnäckig, wenn es darum geht, soziale Missstände aufzuklären und die gesellschaftliche Chancengleichheit stets im Blick behalten. So gehört auf einer Einführungsveranstaltung für angehende Sozialwissenschaftler an der Universität von Amsterdam.
Andrej H., einem Soziologen der Berliner Humboldt-Universität, ist diese kritische Grundhaltung nun zum Verhängnis geworden. Völlig überraschend wurde der 36-Jährige am 1. August wegen des Verdachts der “Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung” festgenommen und sitzt seitdem in einer vier Quadratmeter großen Zelle in U-Haft.

Dem Forscher, der sich vor allem mit stadtsoziologischen Themen beschäftigt und seine Dissertation über die soziale Aufwertung des Stadtteils Prenzlauer Berg geschrieben hat, wird zur Last gelegt, zu den Drahtziehern und intellektuellen Ideengebern der terroristischen Vereinigung “militante gruppe” (mg) zu gehören. In älteren Bekennerschreiben der linken Gruppierung waren teilweise Schlagworte gefunden worden, die H. in einer wissenschaftlichen Abhandlung von 1998 verwendet hatte. Es geht unter anderem um Begriffe wie “Gentrification” und “Reproduktion” - zumindest ersterer ist in der Stadtsoziologie durchaus gängig.

Dieser auf einer ungerichteten Google-Recherche basierende Anfangsverdacht genügte, den Wissenschaftler mittels Stafgesetzbuch-Paragraf §129a von September 2006 an systematisch überwachen zu lassen. Die Dokumentation dieser Beschattung füllt 29 Leitz-Ordner und erhält offenbar keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass H. auch für die “militante gruppe” schrieb.

Einen Haftbefehl gegen den Vater dreier Kinder verhängte die Bundesanwaltschaft schließlich, nachdem Ende Juli in Brandenburg drei Männer versucht hatten, Fahrzeuge der Bundeswehr in Brand zu setzen: Einer der Täter hatte sich mehrere Monate vorher zwei Mal mit Andrej H. getroffen - Verabredungen, über deren Inhalt die ermittelnden Stellen nichts genaueres herausgefunden hatten, die aber fortan als “konspirative Treffen” gehandelt wurden. hier geht’s weiter mit ‘Unter Verdacht - Andrej H., ein Terrorist?’

Heroische Baumfällaktion

Den nachrichtlichen Wert dieses Beitrags zuerst: Es sind wieder Bäume gefallen, am Landwehrkanal, diesmal 22. 22 gefällte Bäume, rund 150 Polizeibeamte und etwa zwanzig protestierende Anwohner, so die vorläufige Bilanz der heutigen Aktion am Landwehrkanal zwischen Reichpietschufer und Hobrecht-Brücke.

Es gießt in Strömen, trotzdem haben sich auf der Brücke an der Brachvogelstraße etwa acht Anwohner versammelt, die fassungslos auf die beiden im Wasser treibenden Baumstämme blicken. Gleich gegenüber von der Stelle, an der sich Mo, die wilde Camperin niedergelassen hat, hat das Wasser- und Schifffahrtsamt heute morgen zuerst die Sägen angesetzt. Das Polizeiaufgebot ist recht überschaubar, lediglich ein Mannschaftswagen mit beschlagenen Fensterscheiben steht vor der Brücke. “Kommt doch noch mit zur Hobrecht-Brücke”, ermuntert eine der Anwohnerinnen ihre Mitstreiter. Dort sollen ebenfalls Bäume gefallen sein. Die kleine Gruppe besteigt ein Taxi, zwei Männer schnappen sich ihre Fahrräder und radeln kanalabwärts Richtung Neukölln.

Mittagszeit am Maybachufer, es regnet nicht mehr. Die Polizisten langweilen sich. Acht Wannen bei zwanzig Protestierenden - die Beamten “machen Mittag”. Ein Kantinen-Mitarbeiter verteilt Erbsensuppe, ein lauer Morgen für die sonst gestresste Berliner Polizei. Eine Kita-Gruppe mit Bollerkarre freut sich über das Polizeiboot Charlottenburg, das die Aktion vom Wasser her absichert. “Hallo Bootsfahrer”, ruft ein kleines Mädchen immer wieder und kann sich nicht einkriegen. Der Kapitän winkt gerührt zurück.

Für die Presse scheint der Besuch ebenfalls weniger ergiebig. Der RBB ist mit einem Ü-Wagen vor Ort, die Abendschau hat ein Filmteam geschickt. Schwer, die zwanzig Anwohner so zu filmen, als seien es 200. Dass es wichtig ist, immer wieder über die Anwohner-Initiative zu berichten, daran besteht kein Zweifel. Um die gefällten Bäume scheint sich außer den Männern vom Wasser- und Schifffahrtsamt zu dem Zeitpunkt jedoch niemand mehr zu scheren. Sie zersägen die Baumstämme, um sie dann später per Boot abzutransportieren.

Der Landwehrkanal in Zahlen

Treptow und die Hunde

Originelle Erziehungsmaßnahmen hin oder her - ich wollte nichts mehr über Hunde und ihre Hinterlassenschaften schreiben, weil das Thema in Berlin nicht gerade Neuigkeitswert besitzt. Von Moabit über Mitte und Friedrichshain bis nach Neukölln - überall setzen sich Anwohnerinitiativen und das Quartiersmanagement für saubere Straßen ein.

“Wenn du der Hundekacke den Kampf ansagst, hättest du in der Friedrichshainer CDU gute Chancen auf einem vorderen Listenplatz”, meinte ein Freund, der sich mit der Situation in seinem Stadtteil arrangiert hat. Toleranz gegenüber Hundehaltern sei insofern wichtig, als sie Verbündete seien: Die Mieten blieben billig in Kiezen, in denen Hundehaufen auf der Straße liegen bleiben. “Die oberen Zehntausend ziehen nicht dorthin.”

However. Anders in der Lohmühlenstraße in Treptow: Die Botschaft der Anwohner ist klar - von wem genau die Initiative mit den Hundemist-Beuteln am Zaun jedoch ausgeht, allerdings weniger. Nirgends ein Bekennerschreiben.

Es kämen jedenfalls diese

oder diese Anwohner in Frage…

Beiden wäre es zuzutrauen. Vielleicht rückt die Nachbarschaft auch enger zusammen - vereint durch ein gemeinsames Projekt.



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