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Archiv für das 'Seitenblicke'-tag

Berliner Balkonwelten: Acht Zonen des Glücks

Ein altes Sofa, Müllsäcke, ein rostiges Fahrrad: Den ganzen Winter über hatte ein Nachbar diesen Schrott auf seinem Balkon geparkt. Nach einem Frühjahrsputz stehen nun Bierkästen an der frischen Luft – der Sommer kann kommen. Mit steigenden Temperaturen werden die verlängerten Wohnzimmer der Stadt wieder interessant für eine Partie Schach, ein Feierabendbier oder eine Grillparty mit Würsten für die ganze Familie und Rauch fürs ganze Haus. Wie die Berliner ihre Balkone nutzen.

1. Auslegwaren-Zone

Hier sind zwar keine echten Blumen zu Hause, dafür aber echt geblümte Auslegware. Könnte sein, dass diese Teppichteile mit den Jahren muffig geworden sind und deshalb gelüftet werden. Wer das Glück hat, sich in die cremefarbenen Kissen fallen zu lassen, genießt ein authentisches Neukölln-Gefühl, vielleicht bei einem Kreuzworträtsel. Der Clou: Der Teppich passt sogar zur Fassadenfarbe.

2. Nationale Zone

Fernseher, Snacks, Bier und raus auf den Balkon: Diese Aufnahme entstand während der legendären Weltmeisterschaft vor vier Jahren. Wahrscheinlich hatte es seit den Olympischen Spielen von 1936 nicht mehr so viele Flaggen in der Stadt gegeben. Doch im Unterschied zu damals war die WM wirklich ein Fest der Nationen und die Balkonsaison eine der lautesten überhaupt. In diesem Friedrichshainer Plattenbau wurde gleich in mehreren Etagen gefeiert, keine Ausnahme. Es gibt heute noch Balkone, an denen die Wimpel von damals baumeln.

3. Autonome Zone

“Nehmt ihr uns die Häuser ab, machen wir die City platt!”: Linke Berliner Hausprojekte machen sich seit Jahren rar in Berlin, doch ihre Balkone sind dafür umso auffälliger. Auf selbst gemalten Transparenten sagen sie der ignoranten Stadt die Meinung oder stimmen sich mit Parolen wie “Liebig 14 bleibt” auf die nächste Demo ein.

4. Dschungelzone

Da wo die Bergmannstraße ruhiger wird und sich Touristen längst verlaufen haben, liegt diese grüne Oase. Wie erholsam muss es sein, an einem schönen Nachmittag mit einer Tasse Kaffee auf dem Balkon zu sitzen und auf den gegenüberliegenden Friedhof zu blicken. Wenn am Ende des Frühlings der Flieder blüht, duftet er wahrscheinlich bis ins Schlafzimmer.

Apropos Duft: Viele kiffende Berliner züchten Marihuana auf ihren Balkonen. Wenn Polizisten den süßen Duft einer blühenden Hanfpflanze erschnüffeln oder die Blätter auffällig über die Brüstung wachsen, gibt es Ärger.

5. Absturzzone

Vorsicht, abstürzende Altbauten: Auch in überwiegend sanierten Kiezen wie hier in Friedrichshain verlieren manche Balkone ihren Halt. Die verrosteten Stahlträger zerbrechen und die Betonbrocken krachen auf den Gehweg – oder auf den Balkon darunter. Mieter der ersten Etage sollten sich ernsthaft Gedanken machen, ob sie zum Rauchen nicht besser woanders hin gehen.

6. Schüssel-Zone

Es ist unübersehbar, dass die Balkone des Schöneberger Sozialpalasts hauptsächlich zum Aufstellen von Satellitenschüsseln genutzt werden. Damit empfangen die Bewohner TV-Signale aus aller Welt – und besonders die von rund 170 türkischen Fernsehsendern. Etwa 4,5 Stunden sollen sie am Tag fern sehen, oft läuft die Kiste auch nebenbei, als Hintergrundrauschen. Stadtplaner und Integrationsbeauftragte macht dieser Anblick Sorgen.

7. Gescheiterte Gärtnerzone

Der Bewohner dieses Balkons ist männlich, unter dreißig und versäumt keine Party. Mit dem Gießen seiner Pflanzen ist er schon im Sommer überfordert. Statt sie im Herbst ins rettende Wohnzimmer zu bringen, überließ er sie gnadenlos ihrem Schicksal. Trotzdem wird er melancholisch, wenn er im Frühjahr die Wüstenei auf seinem Balkon betrachtet. Seine Freundin wird ihm beim asiatischen Blumenhändler an der S-Bahn eine neue Yucca-Palme kaufen. Die wächst und gedeiht, bis zur nächsten Eiszeit.

8. Begonien-Zone

Selbst dort, wo ständig neue Galerien, Schuhläden und Luxuswohnungen entstehen, hält die Zeit manchmal an und verschont ein ganzes Haus vor dem Malstrom der Nachwendezeit. Wer Begonien, Primeln und Veilchen pflanzt, kann sich eigentlich nur wohl fühlen auf dem Plattenbau-Balkon – mitten in Mittes Spandauer Vorstadt. Der Konsum um die Ecke ist endgültig verschwunden, doch in den Wohnzimmern hinter den Scheibengardinen stehen noch die guten alten Multifunktionstische und Furnier-Regalwände.

Fürsorgliche Nachbarn benoten ihren Schrott

Alte Kühlschränke, zerschlissene Sofas und Matratzen: Alles landet auf dem Bürgersteig, wenn Berliner ihren Frühjahrsputz machen – vorzugsweise im Schutz der Dunkelheit. Natürlich gibt es auch ordnungsliebende Bürger, die ihren Müll regulär zu den Abgabestellen der Stadtreinigung bringen.

Einfallsreiche Nachbarn haben einen Trick gefunden, wie sie den Schrott aus ihren vier Wänden doch guten Gewissens vor der Haustür abladen können – sie vergeben Schulnoten. 4- steht auf diesem alten Fernseher in der Simon-Dach-Straße. Der ehemalige Besitzer empfiehlt außerdem, für sechs Euro eine Fernbedienung zu kaufen, damit das Ding wieder mäßig flimmert. Ich warte auf den Tag, an dem ich über eine “ungenügende” Matratze stolpere.

Bildergalerie: Berliner Seitenblicke

Zugeschüttet und ignoriert: Radfahren im Schnee

Wem dieses Fahrrad auch gehören mag – es ist im Moment schwer zu benutzen. Räumdienste haben es am U-Bahnhof Frankfurter Tor mit Schneemassen zugeschüttet und auch den Gepäckträger nicht vergessen. Die Radwege und Straßenränder Berlins sehen seit Wochen nicht viel besser aus. Wer trotzdem losradelt, wird für seine Umweltfreundlichkeit “regelrecht bestraft”, klagt der ehemalige Fahrradbeauftragte Benno Koch gegenüber der taz.

Alles was bleibt, ist sich in eine der vollen S-Bahnen zu quetschen und auf das Tauwetter zu hoffen.

Bildergalerie: Berliner Seitenblicke

Zum Weltaidstag – Gefühlsecht in Kreuzberg

"Zieh doch dein Kondom an!" - Spruch in der Forster Straße in Berlin-Kreuzberg - Foto: Henning Onken

“Zieh doch dein Kondom an!” – Wie viele Kreuzberger dieser Aufforderung in der Forster Straße nachkommen, können wir nur erahnen. Männer, die ihr Gummi beim Sex vergessen, können nicht nur flüchtige Bekanntschaften schwängern. Sie begeben sich auch in eine tödliche Gefahr oder verteilen sie weiter: Jeden Tag steckt sich ein Berliner mit dem HI-Virus an.

Gut möglich, dass eine Frau diese Benimmregel für dumme Jungs in einem frustrierten Moment geschrieben hat. Der Spruch könnte aber auch eine Kreuzberger Variante der Aids-Aufklärungskampagne darstellen.

Gib Aids keine Chance: Kondome schützen
Fotostrecke: Berliner Seitenblicke

Street Style: Moderne Polstermöbel für umsonst

Müll in der Oppelner Straße in Kreuzberg - Foto: Henning Onken

Schnell zugreifen, sonst stellt sich der Nachbar diese tollen Sessel ins Wohnzimmer – könnte man denken, wo doch im Hintergrund für “moderne Polstermöbel” geworben wird. Leider ein Trugschluss, denn in der Oppelner Straße in Kreuzberg haben viele Anwohner keinen Schimmer, was in Berlin retro cool und wirklich en vogue ist. Ihre trendigsten Möbel werfen sie einfach auf den Bürgersteig, wo sich Hunde daran erleichtern können und der Regen die guten Stücke langsam auflöst.

20.000 Kubikmeter Sperr-, Sonder- und Restmüll in Straßen, Parks und Gärten hat die Stadtreinigung im vergangenen Jahr entsorgt und doch bleibt vieles liegen. Klarer Fall für die Dreckecken-Aktion der Berliner CDU vom August vergangenen Jahres, bei der Bürger Schmuddelecken an die Partei melden sollten. Was ist eigentlich daraus geworden? Die versprochene Online-Dokumentation konnte ich auf der Webseite nirgends finden.

Fotos: Berliner Seitenblicke

Ziegen auf die alte Landebahn

Schafe nach Tempelhof - Foto: Anne Onken

Tempelhof den Ziegen – ja, das hat was.  Anwohner könnten gegen eine kleine monatliche Gebühr ein Viech pachten, hätten täglich frische Milch. An besonderen Tagen würde das Gelände für Schul- uns Kindergartenkinder geöffnet; als riesiger Streichelzoo.

P.S. Das Plakat hängt übrigens an einem Eingang zur Hasenheide in Neukölln – einem Park, den viele Berliner leider aus den Augen verloren haben.

Fotostrecke: Berliner Seitenblicke

Neue Kommentare

  • Thomas Feirer: echt coole Bilder …
  • Anonymous: achso hier meine email adresse zero88-denis@web.de
  • Anonymous: echt bei dir geht das noch? zu silvester wollen paar leute und ich schön gemütlich auf ein dach feiern ist...
  • Aileen: Ich hab mal ne frage: wo genau ist der Markt und hat der auch sonntags auf? lg
  • Ilse Fuehrhoff: Es gibt in Berlin tatsächlich noch sehr viele, eigentlich ungeahnt viele Hausfassaden oder auch...

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