Kollegin Annette ist sauer. Die Redakteurin wedelt mit einer schwarz-roten Fahne, an der noch ein schmaler goldener Rand zu sehen ist. Jemand hat sich mit einem Messer oder einer Schere daran zu schaffen gemacht, als ihr Wagen “nur kurz” in Nähe des Kreuzberger Landwehrkanals parkte. Den Verlust von einem Euro mag sie verschmerzen, doch die Empörung über die Verstümmelungsaktion ist ihr anzusehen.
Ähnlich wie während der Fußball-EM vor zwei Jahren fühlen sich auch in diesen Wochen einige Gruppen am linken Rand herausgefordert. Ein “Anti-Nationaler Weltfußballverband” ruft dazu auf, aus der Jagd auf nationale Symbole im öffentlichen Raum ein Spiel zu machen. Eine Auto-Flagge bringt demnach einen Punkt, eine schwarz-rot-goldene Perücke fünf und ein Deutschlandtrikot 15 Punkte. Auch die abgerissenen goldenen Streifen zählen mit. Der Wettbewerb ist aber offenbar selbst unter Linken umstritten, der Aufruf wurde inzwischen von der Internetplattform Indymedia und einigen Blogs gelöscht.
Nach der letzten Europameisterschaft hatten Autonome ein Band mit den erbeuteten Fahnen über die Rigaer Straße in Friedrichshain gespannt.
Anders als das Foto vermuten lässt, hat Annette den Rest ihrer Deutschlandfahne aber noch nicht weggeworfen. Falls Deutschland am Mittwoch verliert, will sie aus Trauer die schwarz-rote Flagge schwenken. Schließlich lassen sich die Autofähnchen nicht auf Halbmast stellen. Andernfalls wird sie eine frische Fahne an den Wagen stecken, davon gibt es schließlich genug. Daran können auch die Fahnenfänger nichts ändern.





Angefangen hat es im Sommer 2001: Zwei Jahre nachdem die chinesische Botschaft in das Gebäude an der Jannowitzbrücke zog, versammeln sich Anhänger der Meditationsbewegung Falun Gong auf der Brücke. Sie hängen Transparente auf, verteilen Flyer und protestieren still gegen die Verfolgung in ihrem Heimatland. Mal sind es zwei oder drei, die ihre Arme in den Himmel strecken, mal reisen Unterstützer aus anderen Städten an. Nicht immer sieht man nur asiatische Gesichter, auch hierzulande solidarisieren sich Menschen mit der Bewegung. An Terminen wie der Eröffnung der Olympischen Spiele gesellen sich auch Tibet- und Menschenrechtsaktivisten dazu.








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