“Schön hier, aber waren Sie schon mal Baden-Württemberg?” Berlin sucht dieser Tage nach einem Slogan, der das Image der Stadt verbessern soll, aber einen Exportschlager wie diesen Spruch aus dem Musterländle habe ich noch nirgends gelesen.
“Bei uns herrscht Vollbeschäftigung”, erzählte Christine, die in der Nähe von Stuttgart als Lehrerin arbeitet. In dem kleinen Ort, in dem fast jeder ein “Stückle” (*) besitzt, und viele Bürger ehrenamtlich engagiert sind, gibt es mehr Stellen als Bewerber. “Ich kann verstehen, dass Leute nicht aus Berlin weg wollen, aber dort bleiben, um jeden Preis?”
Letzte Haltestelle: Berlin
Die Außenperspektive ist interessant, wenn auch wenig hilfreich. Wer zur Stellensuche nach Berlin gekommen ist, wird sich wohl kaum mit solchen Sprüchen fangen lassen. Wie ein Freund aus Greifswald, der an kleinen und guten Unis die “Orchideenfächer” Ethnologie und Skandinavistik studiert hat. Seine Zusatzqualifikationen füllen Aktenordner: Deutsch-Kurse an Goethe-Instituten in Schweden, ein Lektorenprogramm der Robert-Bosch-Stiftung in Russland, ein Kurzfilm, mehrere Fotografie-Ausstellungen. Nun promoviert er an der Humboldt-Universität - aus Verlegenheit, wie er ohne Umschweife eingesteht. Aber in Berlin zu leben, sei ihm nun mal “verdammt wichtig”. Auch wenn es nicht gerade erfüllend ist, 30 Stunden die Woche in einem Computer-Laden zu jobben. Hartz IV ist für den Absolventen keine Alternative. “Dafür habe ich nicht studiert.”
Das Job-Center trägt die Kosten für den Umzug von Hartz IV-Empfängern in eine andere Stadt, erfuhr kürzlich Nele, eine arbeitssuchende Erziehungswissenschaftlerin. Überrascht hat sie das nicht: “Ein Fall weniger für die Statistik, das rechnet sich sofort.” Vielleicht wird das eingesparte Geld künftig darauf verwendet, Arbeitslosengeld II-Empfängern Werbespots für Baden-Württemberg zu zeigen. Mit der zentralen Botschaft “Wir [im Ländle] können alles - außer Hochdeutsch, aber kommen Sie - Job garantiert.”
Koffer für Freiburg schon gepackt? So einfach ist es dann auch wieder nicht. In Baden-Württemberg warnt man vor “naiven Vorstellungen”: Jobgarantien für Akademiker gebe es nicht. Gesucht würden vor allem Maurer, Schlosser, Schweißer, Heizungsbau-Installateure, Schlosser, Baggerfahrer.
(*) kleiner Streifen Land
Foto: Oliver Toettger. Häuser mit Solarzellen in Freiburg-Vauban.