In Kreuzberg mit dem roten Stoffbeutel unterwegs gewesen, kaufe Plastiktüten nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Der rote Beutel ist ein besserer Jute-Sack, der sogar vor den Augen japanischer Touristen bestehen kann. Kein Kommunisten-Beutel – im Gegenteil. Ausdruck eines [tendenziell wertkonservativen] Bonner Lokalpatriotismus, der mitunter unheimlich anmutet. Dort in der Buchhandlung ["Bouvier“] zu kaufen. Unverhofftes Zusammentreffen mit einer Exil-Bonnerin also auf dem Wochenmarkt am Neuköllner Maybachufer: Ob ich mich denn gut eingelebt hätte, in Kreuzkölln, fragt mich die mir unbekannte Person mit Sonnenbrille und Polo-Shirt. Leicht irritiert bejahe ich die Frage und überlege, wer diese Frau sein könnte. “Sie sind aus Bonn, habe es gleich gesehen“, sagt sie, und deutet auf meinen roten Einkaufsbeutel.
Die Stoffbeutel-Fraktion, sie wächst. In letzter Zeit sind sie mir häufiger aufgefallen, diese Bonner mit ihren Ein-Euro-Taschen von “Bouvier“. Jedes Mal bin ich schnell weitergelaufen und habe sie dann wieder vergessen. An der Uni ist mir kein einziger begegnet. Die Bonner mit den Stoffbeuteln sind meist älter. Zwangsversetzte Beamte, Mitarbeiter von Verbänden und so weiter. Berlin ist für viele dieser nicht angekommenen Pendler ein Moloch: Anonym, dreckig und proletarisch. Die Kinder hier zur Schule schicken? No way. ‘Lokalpatriotismus’ weiterlesen
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