Wir bloggen Berlin – Blog News Bezirke

Monatsarchiv für Dezember 2007

Seite 2 von 3

Berlin exklusiv: Bitte draußen bleiben

Süd-Kuppel des Frankfurter Tors - Foto: Henning OnkenDie Jungs von Tokio Hotel waren mal da und auch viele Lokal-Promis haben von hier aus die Stadt von oben betrachtet. Wenn die Süd-Kuppel des Frankfurter Tors in Friedrichshain nachts erleuchtet ist, sehen das Menschen im ganzen Bezirk.

“Mir reicht’s – ich will da auch rauf!”: Markus ist gerade ein paar Schritte aus der Cocktailbar U5 unten im Turm heraus getaumelt und starrt ärgerlich nach oben, sieht sogar Leute dort umher gehen. Die Lounge Bar im Turm hat eine Klingel, doch es öffnet ihm niemand. Falsches Klingelzeichen?

Vielleicht, denn der Vermieter lässt sich das begehrte “Wir schweben über der Stadt-Gefühl” von seinen Gästen wohl auch exklusiv bezahlen – Bar und Raucherzimmer inklusive. Welche Summe man dort für eine Geburtstagsfeier auf den Tisch legen muss, ist angeblich Verhandlungssache, aber sicher nicht ganz billig.

Natürlich gibt es in Berlin auch andere Möglichkeiten, um Privatpartys einmal anders zu feiern. Auf Häusern mit offenem Zugang zum Dach etwa, oder auf dem Teufelsberg. Das ist der höchste Punkt der Hauptstadt mit einem tollen Panorama – die Location ist sogar umsonst, nur eben umsonst und draußen.

Die nördliche Kuppel ist übrigens auch öfters erleuchtet, aber gefeiert wird weniger. Hier hat die Stiftung Denkmalschutz ihren Sitz.

Fotostrecke: Berlin bei Nacht

“In die Schwabenhauptstadt wollen wir nicht”

Simon-Dach-Straße - Foto: Henning Onken

Sie gehöre auf die andere Seite der Spree, sagt Steffi, 27, Studienabsolventin. Nicht wegen der Kirche mit den vernagelten Fenstern oder der vielen türkischen Läden, sondern einfach, weil Neukölln in Westberlin liegt. “Wenn wir das nächste Mal umziehen, dann definitiv nach Friedrichshain.” Steffi ist in Lichtenberg aufgewachsen, in einer Wohngegend, für die wohl kein Kiez-Begriff existiert. Partys werden woanders gefeiert, ein paar Stationen mit der U5 weiter westwärts, im Friedrichshainer Südkiez.

Ines und Thomas zieht es nach sechs gemeinsamen Jahren in Hellersdorf ebenfalls nach Friedrichshain. Drei Zimmer sollen es sein, vielleicht auch vier. “Über Prenzlauer Berg hatten wir nachgedacht, das erschien nahe liegend.” Aber sie haben den Gedanken schnell wieder verworfen. Fragt man weiter, so wird deutlich: Prenzlauer Berg ist für viele, die in den Oststadtteilen aufgewachsen sind, nicht mehr Berlin. Die Menschen, die dort die Cafés, Spielplätze und Galerien bevölkern, sind Zugezogene. “Wessis” vorwiegend aus dem Schwabenland, Hessen oder NRW, die dort ihr Brauchtum pflegen und selbst Kirchen einen unverhofften Mitglieder-Boom bescheren.

Friedrichshain scheint da (noch) anders zu sein. Sicher, auch dort trifft man auf Leute aus Wuppertal oder Nürnberg, aber nicht so geballt. Der Stadtteil mit der “guten U5-Anbindung” wirkt heterogener: Punks leben neben Senioren, dazwischen Techno-Fans, Studenten aus Marzahn und Hausbesetzer. Aber auch die kommen in die Jahre, ziehen aus Hausprojekten aus und in kleine Wohnungen mit Zentralheizungen.

Einfach eine Frage der Zeit. Eine Prenzlaubergisierung des Stadtteils hat eingesetzt, zweifellos. Das ist gut für den Haushalt. Wo Leute über regelmäßige Einkommen verfügen, steigt das Steueraufkommen. Und natürlich nimmt die Zahl der Geburten zu: Bereits in diesem Jahr ist die Geburtenrate Friedrichshain-Kreuzbergs prozentual stärker gestiegen als die Prenzlauer Bergs. Ob Neugeborene allerdings ähnliche Namen erhalten, wie in Prenzlauer Berg oder Charlottenburg, bleibt allerdings eine spannende Frage

Foto: Henning Onken

Berlin brutal #3: Eine Nacht bei Weihnachtsbäumen

Weihnachtsbäume am Spreewaldplatz in Berlin-Kreuzberg - Foto: Henning Onken

Auf dem Spreewaldplatz in Kreuzberg stapft die ganze Nacht ein Mann durch einen Tannenwald, einen künstlichen temporären Weihnachtsbaum-Wald, versteht sich. Dieser arme verfrorene Großstadt-Förster soll dafür sorgen, dass der Wald nicht vorzeitig zu einer Lichtung schrumpft, weil sich Passanten im Dunkeln bedienen. Immerhin gäbe das dem Platz seinen Namen zurück, denn Platz für etwas anderes außer Fichten ist hier kaum. Wie steht man das eigentlich durch, eine Nacht lang Weihnachtsbäume zu bewachen? Ich würde mich sehr warm anziehen und als Zeitvertreib die Bäume alle zehn Minuten durchzählen.

Überall in der Stadt sind in den letzten Tagen solche Weihnachtsbaum-Verkaufsstellen entstanden, viele werden offenbar rund um die Uhr bewacht – sogar mit Hunden. Meistens sind sie allerdings nicht offen zugänglich, sondern kleine mit Bauzäunen abgesperrte Gehege. Irgendwann lädt dort ein Laster Weihnachtsbäume ab, zumeist Ware aus Schleswig-Holstein, dem Sauerland oder dem Tannenbaum-Marktführerland Dänemark. Leider sind ärmeren Hauptstädtern Nordmannstannen für 15 oder 20 Euro zu teuer – sie legen stattdessen im Umland selbst einen Christbaum um.

Bleibt die Frage, ob sich die Weihnachtsbaum-Aufpasser einen Baum leisten können. Vielleicht wollen sie auch keinen, besonders nicht im Wohnzimmer – sonst fangen sie an zu zählen.

Fotostrecke: Berliner Seitenblicke

Arme Balkonraucher

Nur noch 18 Tage – dann gibt Silke das Rauchen auf. Nicht wegen des Rauchverbots, sondern weil Rauchen “unschicklich” sei. Und ungesund. Die wenigsten ihrer Freunde wissen von ihrer “Schwäche” wie sie sagt. Eine Heimlich-Raucherin, die sich erst auf ihren Kreuzberger Balkon traut, wenn die Sonne untergegangen ist. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn ihre Patienten von der Raucherei Wind bekämen, sagt die Ärztin.

Irrational das? Die Ängste einer Frau mittleren Alters, die raucht, wie Millionen anderer Deutscher auch und sich dennoch schämt wie ein junges Mädchen? Vielleicht nicht. Wenn Raucher zunehmend aus der Öffentlichkeit verschwinden und Berlins Boulevardblätter schaurig schöne Geschichten über die letzten Raucherinseln in sozialen Brennpunkten verbreiten - wenig verwunderlich, dass die Gruppe der bekennenden Raucher nicht größer wird.

Dabei fällt das Berliner Rauchverbot vergleichsweise lax aus: In Bars, Kneipen und Kultureinrichtungen, in denen kein Essen serviert wird, darf in abgetrennten Räumen auch weiterhin geraucht werden. Bis Juli 2008 sollen keine Bußgelder verhängt werden – zur Eingewöhnung. Natürlich ist Bayern da weiter. Gestern wurde dort das schärfste Nichtrauchergesetz der Republik durchgesetzt. Richtig so, schreibt die Süddeutsche Zeitung in ihrer heutigen Ausgabe. Es gehe nicht darum, Rauchern den Spaß zu verderben, sondern um die Gesundheit. Auch Passivraucher seien bereits stark herzinfarktgefährdet.

Nichts Neues? Warum kümmert es dann in Berlin trotzdem nur schräge Hausverwaltungen, die das Verbot zum Anlass nehmen, um ihren Mietern das Rauchen auf dem Balkon zu verbieten?

Von der Kaufhalle zum Sexdiscounter

Foto:Anne Grieger

Etwas trostlos wirkt die Kulisse des Potsdamer Erotik-Marktes an diesem Dienstag morgen, es gibt aber tatsächlich Kunden. Meist ältere Männer, die schnell das Weite suchen. Keine zwei Kilometer Luftlinie vom Park Sanssouci, dem die Unesco den Status des Weltkulturerbes verlieh, steht also dieser Klotz aus DDR-Zeiten.

Vor der Deutschen Einheit war der eingeschossige Bau wahrscheinlich eine Kaufhalle, ein volkseigener Supermarkt mit staatlich festgelegten Preisen. Heute kommen vor allem Schnäppchenjäger auf ihre Kosten. Geiz ist geil, besonders wenn es um Artikel geht, die man nicht für jedermann sichtbar auf der Fensterbank im Wohnzimmer aufbauen kann.

Ob sich nach der Privatisierung Widerstand gegen Erotik-Discounter-Konzept formiert hat? Anwohner, die eher einen Abriss des Gebäudes befürwortet hätten, als eine derartige Nutzung? Wenn auch kaum Investoren Interesse an einem solchen Objekt haben dürften – es gibt durchaus wertvolle Zwischennutzungs-Konzepte für leerstehende DDR-Bauten.

In Berlin-Friedrichshain haben sich etwa Künstler provisorisch in einer ehemaligen Kindertagesstätte eingerichtet. Bis das Gebäude abgerissen wird, bleibt viel Raum für Vernissagen, Workshops und Partys.

Wenn Minusgrade egal werden: Wild campen in Friedrichshain

Schon abenteuerlich, welche Nischen Obdachlose im Spätherbst in Berlin finden. Im Volkspark Friedrichshain campierte seit mehreren Wochen ein Obdachloser, ein Mann Mitte 30 mit Bart und Zahnlücke, ausgerüstet mit Isomatten, Camping-Kocher. Heute rückte ein Trupp von Polizisten an und bereitete der Aktion ein jähes Ende.

“Das ist wie im Vierten Reich”, empörte sich der Camper, überzeugt, dass ihn ein Jogger “denunziert” hätte. Immer wieder waren Läufer auf einen provisorischen Trampelpfad ausgewichen, der direkt an seinem Zelt vorbei führte – um nicht knietief im Schlamm zu versinken. Der Busch nahe der Danziger Straße, den sich der Mann ausgesucht hatte, bot daher nur bedingt Schutz. Ob er dort tatsächlich jemanden gestört hat? Schwer zu sagen, zum Reden war er nicht aufgelegt. Zu groß war wohl das Misstrauen, es hier mit potentiellen “Verrätern” zu tun zu haben.

Welche Alternativen bleiben dem Camper, bis er wieder eine eigene Wohnung findet? Notübernachtungen des Vereins mob in Prenzlauer Berg oder die Kältehilfe der Stadtmission in Tiergarten, besetzte Häuser oder klassisch U-Bahnhöfe. Auf letzteren dürfte es aber nicht nur zugig sein, sondern künftig auch Dauerbeschallung geben. Mit “Gedudel auf hohem Niveau” - mit Mozart und Rossini – will die BVG Unerwünschte fernhalten, Modellversuche laufen bereits. Bei Frost wolle man jedoch ein Auge zudrücken – drei U-Bahnhöfe sollen geöffnet bleiben, um Obdachlosen Schutz vor kalten Temperaturen zu gewähren.

Neue Kommentare

  • Thomas Feirer: echt coole Bilder …
  • Anonymous: achso hier meine email adresse zero88-denis@web.de
  • Anonymous: echt bei dir geht das noch? zu silvester wollen paar leute und ich schön gemütlich auf ein dach feiern ist...
  • Aileen: Ich hab mal ne frage: wo genau ist der Markt und hat der auch sonntags auf? lg
  • Ilse Fuehrhoff: Es gibt in Berlin tatsächlich noch sehr viele, eigentlich ungeahnt viele Hausfassaden oder auch...

Zufallsfotos

Kostenlos abonnieren

Unser RSS-Feed enthält alle neuen Artikel. Ihr könnt sie auch bequem als E-Mail abonnieren
www.fensterzumhof.eu gibt es jetzt auch in einer Smartphone-Version

Anzeige

Berliner Streetart

Berlin bei Nacht

Berliner Plakate

Fassaden der Hauptstadt

Berliner Hinterhöfe

Andere Blogs


Wenn Sie auf dieser Seite verbleiben, stimmen Sie der Nutzung von Cookies zu. Mehr Informationen

Diese Website verwendet Cookies, um Anzeigen zu personalisieren. Informationen zu Ihrer Nutzung dieser Webseite werden an Werbepartner weitergegeben. Indem Sie weiter auf dieser Website navigieren, ohne die Cookie-Einstellungen Ihres Browsers zu ändern, stimmen Sie dieser Verwendung von Cookies zu.

Schließen

Seite 2 von 3123