Sie zwingen uns zu ihnen aufzuschauen, thronen über der Stadt: Ihre Wucht wächst in Quadratmetern zu einer Göttlichkeit, die uns zu dem macht, was wir sind: Kleine Leute mit ein bisschen Geld in den Taschen. Kauf meinen BH, befiehlt die Göttin einer Unterwäschefirma, und wo du schon dabei bist, bestell dir DSL aus dem Wunderland, gebietet die magere Blondine nebenan.
Schon seit hundert Jahren wird in Berlin mit Großformaten geworben, doch wohl nie mit der Penetranz der letzten Jahre. Zur EM haben sich die Poster mal wieder verselbständigt. Godzilla ist leider nicht in Sicht, Adblocker wie im Internet gibt es nicht. Die Reizüberflutung ist kaum zu umgehen – es sei denn, man sitzt in einem der vielen zugepappten BVG-Busse oder Straßenbahnen lässt sich kaum aus dem Fenster sehen.
Firmen, die ihre “Grußbotschaften” im öffentlichen Straßenland pflanzen, müssen zahlen. Oft läuft der Deal so: Ihr gebt uns Geld für die Sanierung unserer Denkmäler, Brunnen, Bäder und Kirchen – dafür überlassen wir euch diese Plätze eine Zeit lang als Beute, pappt sie ruhig zu. Im Behördendeutsch heißt das “Kompensation öffentlicher Leistungen durch Werbung”. Die Stadtverwaltung könnte damit angeblich noch erheblich mehr Kasse machen.
Das hört sich nach einer soliden Partnerschaft an, die viele Orte wieder in neuem Glanz erstrahlen lässt. Die kleinen Buswartehallen finanzieren sich selbst – wunderbar. Der Brunnen wird saniert und sprudelt wieder – toll. Aber braucht man dazu wirklich das Geld von Hugo Boss, eBay und Co? – Schließlich zahlen wir doch Steuern.
Wie viel Werbung verträgt Berlin eigentlich? Vielleicht wird es uns die Grenzen klar, wenn Schulsponsoring erlaubt ist und Kinder das falsche Trikot tragen. Pepsi etwa statt Bionade und runter vom Schulhof?
Fotostrecke: Fassaden der Hauptstadt











Wer nach einem Naturplanschbecken nicht lange suchen will, dem sei die Webseite der Stadtverwaltung empfohlen: Zum offiziellen Auftakt der Badesaison werden im Innenstadtbereich “mehr schöne und saubere (…) Badestellen als in jeder anderen Metropole der Welt” 






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